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Montag, 7. Oktober 2013

Ich war wieder im Kino, dieses Mal war ich im neuen Film von Alfonso Cuarón. Cuarón, das ist der Mann, der sich mit der postapokalyptischen Weihnachtsgeschichte 'Children of Men' gemeinsam mit Kameramann Emmanuel Lubezki einen Namen gemacht hat. Das Dream-Team Lubezki/Cuarón ist jetzt nach ganzen 7 Jahren endlich wieder vereint. 'Gravity' heißt der Film, auf den sie so lange gewartet haben. Eigentlich waren Brad Pitt und Angelina Jolie für die Hauptrollen vorgesehen, schlussendlich spielen jetzt aber George Clooney und Sandra Bullock die zwei Astronauten, die hilflos durch das leere Weltall treiben. Allein, still und schwerelos.


'Gravity' ist ein ruhiger Film voller lauter Höhepunkte. Gleich der Anfang des Films ist wohl das technisch gesehen Beeindruckendste, was ich je gesehen habe. Die Kamera blendet auf die Erde, ganz weit in der Ferne ist ein kleiner Punkt zu sehen, es herrscht totenstille im Kinosaal, die ersten Zuschauer wundern sich bereits, ob vielleicht der Ton zu leise eingestellt ist, dann vernimmt man aber eine sehr leise Stimme, ein Funkspruch, der Punkt kommt immer näher und stellt sich als eine Art Satellit heraus, auch der Ton wird lauter, die Funksprüche stammen von Astronauten, die den Satelliten anscheinend reparieren, sind jetzt klar zu verstehen, die Kamera fliegt schwerelos um das Konstrukt herum, wir lernen einen leichtherzigen George Clooney und eine penibel genaue Sandra Bullock kennen, die Atmosphäre ist entspannt, bis Houston meldet, dass Trümmerteile eines anderen Satelliten auf die intergalaktische Baustelle herantreiben, die Astronauten werden getroffen, getrennt, und schweben hilflos durchs Weltall. Schnitt. Genau wie dieser nicht enden wollende Satz, endet auch diese Sequenz nicht. Für mindestens 10-15 Minuten führt Alfonso Cuarón uns in das bedrohliche Nichts des Weltalls ein, ohne einen einzigen Schnitt. Man kann zwar erahnen an welchen Stellen getrickst wurde, aber trotzdem ist diese Leistung schlichtweg beeindruckend, besonders, da die Kamera sich auf allen Ebenen dreht. Ähnlich wie die Astronauten, gibt es für sie kein Unten und auch kein Oben. Ich weiß nicht wie diese unglaubliche Plansequenz verwirklicht wurde, für mich scheint sie schlicht nicht machbar zu sein, auch wenn ich sie mit meinen eigenen Augen gesehen habe.


'Gravity' ist einer der ganz wenigen Filme, der die aktuelle CGI Technik sinnvoll nutzt. Ohne die beeindruckenden Effekte, hätte man den Film einfach nicht verwirklichen können. Wenn es in 'Gravity' kracht, ist das nicht nur gut für den Trailer, es treibt auch die spannende Story an. Denn wenn 'Gravity' eines ist, dann spannend. Auf den ersten Blick erwartet man das nicht von einem schwerelosen 'Kammerspiel' im endlosen Nichts, aber glaubt mir, dieser Film hat sehr viel zu bieten. Es geht um existenzielle Fragen, das Thema Geburt, Urängste und den Überlebenswillen von Menschen. An manchen Stellen wirkt der sonst so kalte und realistische Film fast schon esoterisch, ohne im Verlauf des Filmes jemals explizit auf solche Themen einzugehen. Cuarón gibt der sonst so simplen Geschichte dadurch ganz beiläufig eine gewisse Mystik, die zu einer erneuten Sichtung einlädt. Da wundert es nicht, dass ich ich glaube, den schwebenden Stift aus '2001' an einer Stelle in 'Gravity' wiedererkannt zu haben. Anders als Kubricks Meilenstein, wird 'Gravity' aber sowohl ein eher einfaches Publikum, als auch den klischeebehafteten, versnobten Cineasten begeistern können. Der Film ist einfach ein Instant Classic. So viele ikonische Einstellungen reichen sich die Hand, ebenso wie der perfekt harmonisierende Cast. Sowohl Clooney, als auch Bullock spielen brilliant. Cuarón hat sogar Zeit mit Erwartungen und den leider immer noch existenten 'In-echt-geht-das-aber-nicht-so-würde-das-nicht-funktionieren-unrealistisch' - Nörglern regelrecht zu spielen, ja, auch gegen die Wand zu spielen.


Beinahe hätte ich einen perfekten Film gesehen, wäre da nicht das eher schwache Ende gewesen. Besonders da hat Cuarón es sich viel zu einfach gemacht, zeigt er doch zuvor Alternativen auf. Ebenfalls muss ich einen Teil des Scores bemängeln. Der trieft an einer Stelle des Films nämlich nur so vor Kitsch und Pathos, das steht der eigentlich so dichten Atmosphäre wirklich nicht gut. Das sind aber nur marginale Kritikpunkte an einem ansonsten erzählerisch und technisch perfekten Film. Sollte Luzbeki nicht den Oscar für die beste Kameraarbeit erhalten, ist die Academy wirklich endgültig verloren. Seine Leistung ist schlicht aussergewöhnlich und dürfte auch dem 'normalen' Kinogänger den Atem rauben. Wenn ihr noch geradeso 7-8 Euro zusammenkratzen könnt, dann müsst ihr unbedingt ins Kino gehen, 'Gravity' ist nicht nur ein Film, sondern auch ein echtes Erlebnis. So etwas habt ihr wirklich noch nicht gesehen. Habt ihr das Geld nicht mehr, bleibt euch nichts anderes übrig, als einen Tag zu Hungern, diesen Film dürft ihr wirklich nicht verpassen.

Geht ins Kino 

Donnerstag, 3. Oktober 2013

Felina

1. Fe/Eisen Li/Lithium Na/Natrium. Blut, Meth und Tränen.

2. Felina ist der Name der Frau im Song 'El Paso'. In dem Song, geht es um einen Mann, der von El Paso flüchtet, um seiner Strafe als Mörder zu entfliehen. Er kehrt zurück und wird niedergeschossen.

3. Felina ist ein Anagramm für Finale.


Gestern flimmerten für mich die letzten Minuten, der letzten Folge Breaking Bad auf meinen flimmerfreien Fernseher dahin. 5 Staffeln voller erdrückender Spannung, raffinierter Pläne und einer ganzen Menge Drama endeten jetzt in einem ruhigen Finale. Anders als die Meisten es wohl erwartet hatten, verabschiedete sich unser aller Lieblingsserie auf einer ungewohnt leisen Note. Die drittletzte Folge 'Ozymandias' galt für viele Fans wohl noch als fulminanter Höhepunkt der gesamten Serie. Laut und schrill verabschiedete sich die Serie von unserem geliebten DEA-Agent Hank Schrader und lies Walts Familienleben irreparabel zerstören.

"My name is ASAC Schrader, and you can go fuck yourself." - Hank Schrader

Die vorletzte Folge 'Granit State' zeigte dann noch einmal, dass Breaking Bad nicht nur von seinen spektakulären Wendungen lebt, sondern in erster Linie eine Drama-Serie ist. In dieser Folge ging es schlicht nur darum Walts und Jesses Charaktere zu brechen. Beide haben alles in ihrem Leben verloren. Walt lebt im Grunde als einsamer Einsiedler in der klirrenden Kälte. Muss sogar seinen Kontaktmann dafür bezahlen, dass ihm dieser Gesellschaft leistet. Gleichzeitig frisst der Krebs ihn von innen auf. Er ist so abgemagert, dass sein Ehering vom Finger rutscht und er sich dazu gezwungen sieht, sich temporär zum Hobbit zu machen. Sein Sohn möchte nicht mit ihm sprechen, nimmt sein hart erarbeitetes Geld nicht mehr an. Und seine ehemaligen Geschäftspartner spielen seine Leistung zur Gründung von Grey Matter herunter. Walt arbeitet nicht mehr im Imperiengeschäft, dieser Mann hat alles verloren, was er nur verlieren konnte. Jesse geht es da nicht besser, nach all dem was er über die vergangenen Staffeln erleiden musste, wird er jetzt auch noch von den Nazis zum Meth Kochen versklavt. Seine Liebe, für deren Sicherheit er sie extra verlassen hatte, ist tot. Jesse ist ebenfalls am Ende.


Was eine fröhliche Ausgangssituation für die allerletzte Folge Felina. Walt durchbricht nach einem elendig langem Jahr seine Isolation und verwandelt sich zum letzten Mal in Heisenberg. Sein Masterplan ist noch nicht vollendet, seine Familie hat sein Geld noch nicht erhalten und seine Rache hat er auch noch nicht bekommen. Wie Walt diese Probleme löst, ist einfach so fantastisch passend gemacht. Walter White war immer der kühl berechnende Strippenzieher, der es meisterhaft vermag seine Mitmenschen zu manipulieren und so an sein Ziel zu kommen. Genau das macht er, genau das funktioniert. Walter löst alle seine Probleme, seine Familie ist für Lebzeiten versorgt. Er hat Jesse befreit. Er hat das Imperium, das er aufgebaut hat mit Benzin getränkt und selbst das Streichholz geschmissen. Der König geht mit seinem Reich unter. Die wohl wichtigste Szene der Folge spielte sich aber nicht in der Wüste oder in irgendwelchen Meth Laboren statt. Sie spielte in der neuen Wohnung von Skylar. Als Walt kühl seiner Frau beichtet, dass er all das was er getan hat nur für sich getan hat. Nicht für die Familie. Er hatte Spaß an dem was er tat, er war gut darin, er konnte endlich er selbst sein und war nicht mehr hinter seinem kleinen Schreibtisch als Chemielehrer gezwängt. In dieser Szene verschmilzt er mit Heisenberg und kann endlich seinen Frieden finden, kann sterben gehen und für seine Sünden büssen. Wäre Walt lebend aus der ganzen Geschichte herausgekommen, hätte ich das der Serie wohl auch nie verziehen. Walts Tod war unausweichlich. 

"I did it for me." - Walter White

Anders sieht es da für Jesse aus, der in meinen Augen absolut ebenbürtig als Protagonist der Serie zu sehen ist. Es ging immer um Walter und Jesse, Jesse und Walter. Jesse führt Walter in die Drogenszene ein, Walter zieht Jesse letztendlich viel tiefer in die Kriminalität als er sich das je hätte träumen lassen. Im Grunde ist Jesse Pinkmann ein herzensguter Mensch. Für mich wurde Breaking Bad immer mehr zum antiklimatischen Wechselspiel zwischen Walt und Jesse. Zu Beginn fiebert der Zuschauer immer mit Walter White mit, hofft, dass er den Krebs besiegen kann und das Geld für seine Familie besorgt bekommt. Jesse ist in den Augen des Zuschauers der eigentliche Kriminelle und sein Tod scheint viel gerechtfertigter als der Walts. Im Verlauf der Geschichte wechseln diese Sympathien. Jesse zeigt immer mehr Reue für seine Taten, möchte an so vielen Punkten den kriminellen Kreislauf durchbrechen, ein normales Leben führen. Walt zieht ihn aber immer wieder in den kriminellen Sumpf hinein und zerstört Jesses Leben so Stück für Stück. Walter ist schon längst kein Sympathieträger mehr, im Laufe von Staffel 5 habe ich ihm regelmäßig den Tod gewünscht. In welcher Serie gibt es schon so eine krasse und gleichzeitig glaubwürdige Charakterentwicklung? Mir fällt keine ein. 

"Yo, Bitch." - Jesse Pinkmann


Aber kommen wir zum eigentlichen Finale. Natürlich scheint Walts Plan recht fragwürdig und fragil die Nazis mit der MG im Kofferraum zu erwischen, aber das waren Heisenbergs Pläne eigentlich immer, schlussendlich ist Breaking Bad ja auch eine Serie. Der Plan an sich passt perfekt, Walter selbst macht sich wie immer nicht die Finger schmutzig. Nur für Obernazi Jack, der anscheinend nach der Maxime 'solange man lebt soll man rauchen' lebt, lässt Walt seinen Zeigefinger zucken. Walt rettet Jesse, das ist er ihm einfach schuldig, nach all dem, was er ihm angetan hat. Wie im Rausch erwürgt der völlig verlotterte Jesse seinen Peiniger. Daraufhin bietet Walt ihm seinen Gnadenschuss an, den Jesse allerdings verweigert, das solle Walt schon selbst machen. Die Szene hat mich leider gestört. Hätte Jesse zuvor nicht Todd auf brutalste Weise erwürgt, hätte ich jetzt nichts zu merken. Alles wäre perfekt, Jesse wendet sich von seinem kriminellen Leben ab, sein Charakter ist völlig gereinigt. Nachdem er aber gerade gemordet hat, wäre es für mich gefühlt besser gewesen, wenn er Walt, der nunmal sein ganzes Leben zerstört hat, aus diesem Leben geholt hätte, der Kreis wäre dann geschlossen. Todd hätte einfach auch von Walts Apparatur eschossen werden sollen, dann hätte ich dieses Dilemma nicht. Denn entweder hat Jesse Katharsis erfahren oder nicht, so hängt er irgendwie in der Schwebe. Schön zu sehen ist aber, dass Walt sich schlussendlich mit seiner Apparatur selbst gerichtet hat, also Selbstmord begannen hat, ohne sich seine Finger wirklich schmutzig zu machen, das passt einfach. Wunderbar ist auch die fast schon New-Age Kritik durch Lydias ableben. "Tod durch Stevia", das liest man dann doch eher selten in der Zeitung. Cinematorisch toll gemacht ist dann auch die Schlusssequenz, wenn Walt durch das Meth Labor der Nazis schlendert, sanft eine Gasmaske streichelt, im Hintergrund die Worte // Guess I got what I deserve // erklingen, Walt zusammenbricht und die Kamera langsam immer höher steigt, weiß man, dass Walter Hartwell White in Frieden gestorben ist. 

Der Magic Moment der letzten Folge Breaking Bad passierte für mich allerdings eine Szene zuvor. Es ist die Szene in der Jesse davon fährt, durch das Gittertor rast und so symbolisch seine Ketten sprengt. Er ist jetzt ein freier Mann, kann mit seiner Vergangenheit abschließen, alle Menschen die ihm das Leben zur Hölle gemacht haben sind Tot. Jesse lacht, weint vor Freude. 8 Sekunden hält dieser Shot an. Ich könnte ihn mir immer wieder ansehen. Die 8 schönsten Serien-Sekunden aller Zeiten.


Samstag, 28. September 2013



//Willkommen im Hinterland// begrüßt Benjamin Griffey mich nach zwei Jahren Abstinenz auf seinem neuen Album. 'Hinterland', das passt perfekt zu Casper. Vorstädte die in Belanglosigkeit ertrinken und jeden noch so kleinen Traum ersticken lassen, White Trash der im Trailerpark vor sich hin vegetiert. Das Hinterland, der Ort, den man so schnell wie möglich hinter sich lassen möchte. Der gigantische Hype des Vorgängeralbums 'XOXO' wurde zwar nicht komplett aufrecht gehalten, die allgemeine Vorfreude auf 'Hinterland' schien aber doch noch relativ groß zu sein und das kann ich irgendwie gar nicht verstehen. Ich kann nicht verstehen wie Casper so erfolgreich geworden ist. Eigentlich spricht alles gegen ihn und seine Musik. Der Junge stellt sich gegen das System, mischt punkige Elemente mit Rap, der eher Texten der Hamburger Schule gleicht als denen anderer Rap-Kollegen. Warum findet so was die kreischende Durchschnitts-Teenagerin gut und warum bin ich trotzdem großer Fan von Bens Musik?

Ich meine seine Texte sind nicht gerade durch die Belanglosigkeit vieler deutscher Texter geprägt. Benjamin rappt/singt weder davon, wie unglaublich geil er doch ist, noch schreibt er lustige oder Inhaltslose Texte, wie bei den Teenies favorisierten 'Musikern' a la Tim Bendzko. Mehr sein als Schein ist die Devise. Ich verstehe wirklich nicht was die Jugend an Cas findet, eigentlich scheint er wie gemacht für kleine Bühnen in Hinterhöfen und Festivals von denen man noch nie zuvor gehört hat. Der heiße Scheiß den niemand kennt halt. Und doch lieben so viele den Punker der deutschen Rap-Szene. Wir Sprechen natürlich nicht von den hippen Menschen, die 'XOXO' in den Himmel gelobt haben und 4 Monate später den Namen Casper nichtmal mehr in den Mund genommen hätten. Die gibt es leider zu Hauf, aber die haben anscheinend sowieso nie etwas an der eigentlichen Musik gefunden. Sind die Teeniehorden also ähnlich, nur dass sie die Durststrecke zum neuen Album ausgehalten haben und erst in ein paar Wochen die Notbremse ziehen werden?

Möglich. Vielleicht hat Cas auch einfach etwas geschafft, was heute nicht mehr viele Leute schaffen. Er hat die Menschen begeistert. Vielleicht nicht durch die Instrumentierung seiner Songs, die immer öfter angekreidet wird, aber vielleicht durch seine ehrlichen, melancholischen aber trotzdem hoffnungsvollen Texte. Ich glaube darin liegt sein Erfolg. Casper ist einer der wenigen populären Stars, der Musik liebt und auch für sie lebt. Sein Lebensweg ist vollkommen greifbar und wenn er dann im Schützenheim vier Mal hintereinander // Zu viele scheiß Bands, zu viel Hype// brüllt, möchte man einfach vor Freude weinen. Außerdem versteht es kaum einer so gut eine Stimmung zu vermitteln wie er. Man denke nur an das donnernde 'Der Druck steigt'. Nach jedem Hördurchgang möchte man den Bundestag stürmen und seine eigene Flagge hissen während der Großteil der Meute //Wir holen zurück was uns gehört!// schreit. Ich weiß nicht ob die meisten Casper-Fans diese Schönheit der Texte sehen, aber ich würde es mir wirklich wünschen. Ich sehe es tausend Mal lieber, wenn eine 6. Klässlerin Thees Uhlmanns magische Worte //Zu Hause ist da, wo man sich vermisst// aus 'XOXO' auf ihr Federmäppchen gekritzelt hat, als irgendwelche weichgespülten Parolen, die sie im Radio aufgegabelt hat.




Jetzt aber noch ein paar Worte zu 'Hinterland'. Ich als Fan der beiden Vorgängeralben habe mich natürlich nicht Lumpen lassen und das neueste Machwerk auf Doppel-Vinyl bestellt. Da kommt das wirklich gewöhnungsbedürftige, aber passende Cover nochmal besser zu Geltung. 11 Tracks sind auf Hinterland zu finden, 2 weniger als auf XOXO. Eingeleitet wir das Album durch die Vorab-Single 'Im Ascheregen'. 2 Minuten Intro und dann nochmal 3 Minuten einen der besten Songs des Jahres. Das Lied ist einfach perfekt. Danach geht es mit dem Titeltrack 'Hinterland' weiter, verträumte Instrumentierung trifft auf einen hoffnungslosen Text. Zurecht der Titeltrack geworden. Das ganze Album ist Genreungewöhnlich übrigens sehr gitarrenlastig geworden, mich freut das ungemein, das dürfte aber bestimmt einige aufregen. Zu jedem Beat gibt es im Hintergrund mindestens noch eine dezente Akustik-Gitarre, die den jeweiligen Track aus seinem starren HipHop-Korsett löst. Dritter Track: 'Alles Endet (Aber nie die Musik)'. Ab diesem Punkt dachte ich wirklich, ich höre gerade ein Jahrhundertalbum. Alles griff bis zu diesem Zeitpunkt perfekt ineinander. In 'Alles Endet' geht es um die Liebe zur Musik, passend dass gerade dieses Lied mit einem Zitat von Turbostaat eingeleitet wird. Schnell aufbauend treibt der Track durch die Strophe und explodiert förmlich in der Hook:

//Alles endet, aber nie die Musik!
Die wollen nur spielen
Lass die spielen
Wo die guten Jungs an schlechten Orten
Ohne Hoffnung, ohne Sorgen, nasenblutend, 6 Uhr morgens, spielen
Zu dem Beat
Alles endet aber nie die Musik//

Fantastisch. Genau in diesem Track scheint wieder Caspers wichtigste Qualität durch. Der Junge liebt Musik einfach und ist eben nicht nur dem Rap-Genre zugeneigt, sondern hat auch ein Indie-Herz, bzw. generell eine Liebe zu hoffnungslos in ihrem Werk verlorenen Künstlern. Da wundert es nicht, dass seine Songs nur so von Zitaten überquellen. Egal ob 'Die Sterne', 'Turbostaat', 'Oasis', 'Slime', 'Tomte' oder 'Frank Turner'. Alles was Rang und Namen hat wird zitiert und fast schon Tarantinoesque ineinander verbaut. Weiter macht das Album mit 'Nach der Demo gings bergab', '20qm', 'Lux Lisbon' und dem herausragenden 'Ariel'. Danach folgt mit Track 8 'Ganz schön Okay' und ab diesem Punkt stimmt das leider auch. Alles ist echt ganz gut, begeistert hat es mich aber nicht mehr, gerade 'Jambalaya' mit seinem Cheerleader-Flair ist mir doch sauer aufgestoßen. Und auch der letzte Track 'Endlich angekommen' war nicht mehr als Mittelmaß, gerade der Rausschmeißer hätte einfach besser sein müssen. 'XOXO's' 'Kontrolle/Schlaf' war da ein ganz anderes Kaliber voller Schmerz, 'Endlich Angekommen' wirkt dagegen eher lustlos runtergerappt.



Zum Jahrhundertalbum hat es also nicht gereicht, nichtsdestotrotz ist Hinterland ein super Album geworden. Ich hätte mir einfach ein wenig mehr Konzept gewünscht, in XOXO passte alles wunderbar zusammen. Das Album war wirklich rund, Hinterland bricht ab Hälfte des Albums leider mit seiner bedrückend hoffnungsvollen Atmosphäre. Wir machen das Bewertungstechnisch jetzt mal so wie bei Filmen. Wir ordnen anstatt Stream, DvD und Kino in Mp3, CD, und Vinyl.

Ihr solltet auf Vinyl kaufen.

Dienstag, 24. September 2013

Eigentlich will Niko doch nur einen Kaffe trinken. Irgendwie scheint das aber nicht zu gelingen, zu viele Probleme und zu viele Menschen die er nicht versteht und die ihn auch nicht verstehen wollen, plagen den Jungen. Das Jura Studium ist schon seit 2 Jahren geschmissen, sein Vater überweist aber unwissend noch immer jeden Monat 1000€ auf Nikos Konto. Niko kommt nirgendwo an, findet aber auch keine Haltestelle, an der er seinen Lebensweg beginnen könnte. Der Führerschein ist eingezogen, Nikos Kompass findet keinen Norden mehr. Und in der ganzen verdammten Stadt scheint es einfach keinen Kaffe mehr zu geben. Oh Boy.


Aber ganz langsam, Oh Boy ist Jan Ole Gersters Regiedebüt, gewann den deutschen Filmpreis und das völlig zurecht. Tom Schilling spielt in Oh Boy den orientierungslosen Studienabbrecher Niko Fischer, den der Film einen kompletten Tag lang auf einer wahren Odyssey durch Berlin begleitet. Auf dieser kleinen Reise trifft Niko allerhand verschiedene Menschen, im Grunde einen Querschnitt durch unsere gesamte Gesellschaft. Menschen mit echten Problemen, reiche Bonzen und versnobte Künstler streifen Nikos Weg. Fast alle wirken gefestigt in dem was sie tun. Auf den ersten Blick scheinen sie deutsch und ordnungsgemäß ihre Aufgabe im großen Uhrwerk zu erfüllen, lernt man sie aber genauer kennen, dann bröckeln ihre Versaden. Da gäbe es beispielsweise Nikos Freund Matze. Matze war an der Schauspielschule, hat diese ohne Probleme absolviert und wurde danach mit Aufträgen und Anfragen überschüttet. Matze sei ein unglaublich talentierter Schauspieler, doch irgendwie scheint er selbst nicht zufrieden zu sein. Er nimmt keine Aufträge an, lebt vor sich hin und wartet seit Jahren auf seine große Rolle. Oh Boy erzählt nicht nur Nikos Geschichte, sondern auch die, einer völlig instabilen Gesellschaft, die einfach nicht mehr weiter weiß und ihre Dämonen vor dem Anderen versteckt. Genau so geht es auch Niko, sein Vater weiß nicht, dass er eigentlich schon lange nicht mehr studiert und in Wahrheit nach einem Sinn in seinem Leben sucht.

Was Oh Boy für einen deutschen Film aber so besonders macht, ist, dass er angenehm subtil ist und nicht mit den Vorschlaghammer auf den armen Kinobesucher einprügelt, dieser aber bereits vor lauter Langeweile das Zeitliche gesegnet hat. So gibt es in dem Film eine Szene, in der Niko sich an dem Set eines Films wiederfindet. Und wie sollte es anders sein, natürlich wird in Berlin ein Kriegsfilm gedreht, ganz nach der deutschen K&K Devise: Krieg und Krimis. In dem Film geht es um einen Nazi, der sich vor dem Krieg in eine Jüdin verliebt hat und diese zum Kriegsausbruch hin vor der SS rettet. Als der Krieg dann zu Ende ist, weint die Jüdin vor Freude: "Wir sind Frei", der Nazi schaut sie schmierig an und sagt "Nein, du bist frei. Mich werden sie morgen jagen!", danach trinkt er einen Tetrapack Pathos. Niko bekommt einen Anruf, sein Vater möchte mit ihm sprechen. Er verlässt das Set. vor dem Studio sieht man einen "Nazi" und einen "Juden" in aller Freundschaft eine Kippe rauchen. Es sind die kleinen Details, die Oh Boy zu so einem liebenswürdigen Film machen.


Oh Boy ist eine wirklich gelungene Momentaufnahme eines Tages im Leben eines ganz normalen Menschens. Das haben viele Regisseure bereits versucht, daran sind viele Regisseure gescheitert. Jan Ole Gersters Film hat diese Aufgabe aber mit Bravur gemeistert. Was wohl besonders am fantastischen Tom Schilling liegt. Dieser fängt die Stimmung einer wohl ganzen Generation einfach perfekt ein. Da der Film nur noch mit ganz viel Glück in ausgewählten Kinos laufen wird, kann ich euch den Kinobesuch leider nicht empfehlen, daher sage ich euch: Kauft diesen Film bitte auf Blu Ray, man sollte den echten deutschen Film unterstützen und ich glaube Oh Boy reift auch mit der Zeit.

Ich geh jetzt erstmal einen Kaffe trinken. Moment, sowas trinke ich ja gar nicht...

Mittwoch, 11. September 2013

Eigentlich hatte ich tatsächlich auch vor, diesen Artikel zu verfassen, der andere Betreiber dieses Blogs kam mir aber zuvor. Wer uns kennt, der weiß, dass wir kleine Meinungsverschiedenheiten zum Thema Apple haben. Ich bin ein notorischer Fanboy und Apfelliebhaber, während Betreiber 2, die Jungs aus Cupertino am liebsten in einem eigens reservierten Kreis der Hölle schmoren sehen würde. Think different. Jetzt hat Apple gestern die neuen Modelle 5s und 5c vorgestellt. Vorweg kann ich sagen, dass ich beide super finde und das 5s auch den Weg in meine Hosentasche finden wird, ich aber auch finde, dass Apple schonmal innovativer war. Eigentlich möchte ich aber auf die dummen Thesen meines Vorredners eingehen - Argumente zerstören macht halt echt Spaß.




Zunächst stimmt es natürlich erst einmal, dass es wirklich toll ist, dass Apple die 64-Bit Ära für Smartphones einläutet. Das ist wirklich mal stark. Neben dem bekam das 5s aber vor allem noch zwei andere Funktionen geschenkt, die ich wirklich geil finde. Und ja, eine dieser Funktionen ist der Fingerabdrucksensor, dazu aber gleich mehr. Was Alex in Teil 1 von "Apple ohne Jobs" vollkommen vergessen hat zu erwähnen, ist die fantastische neue Kamera, die einfach, man muss es sagen, die beste Handykamera ist, die man zur Zeit bekommen kann. Was damit alles möglich ist, hat mich wirklich begeistert. Dieses kleine Handy kann doch tatsächlich in Zeitlupe mit 120 fps drehen. 120 fucking fps. Das ist beeindruckend. Außerdem kann man jetzt 10 Bilder pro Sekunde gleichzeitig schießen, das finde ich auch fantastisch. Dazu kommt noch, dass es jetzt einen hellen und einen dunkleren Blitz gibt, die kombiniert jede Situation bestens in Szene setzen werden. Solche Funktionen finden nicht umsonst ihren Weg in das neue iPhone, an Filmhochschulen werden teilweise ganze Filme mit iPhones gedreht. Kameras sind teuer und ein Handy hat jeder, wenn das Handy dann auch noch solche Spielereien wie Zeitlupe draufhat, ist das einfach unschlagbar, damit kann man natürlich auch gut werben. Ein Smartphone ist die beste Kamera, denn die beste Kamera ist natürlich die, die man immer dabei hat. Aber genug zur Kamera, eigentlich wollt ihr doch meine dumme Ausrede hören, warum ich den Fingerabdrucksensor gut finde, oder? Leicht erklärt, was das angeht bin ich unglaublich naiv. Apple sagt die Daten werden nur lokal auf dem 5s gespeichert werden und dürfen nicht an 3rd Party Apps weitergegeben werden und das glaube ich auch. Das muss man nicht tun, ich machs aber. Ich finde die Idee klasse, einfach nur seinen Daumen auf den Homebutton zu legen und damit einen Kauf zu tätigen, ich bin aber auch nicht so paranoid was die NSA-Affäre und so angeht. Mir war schon immer bewusst, dass wir ausspioniert werden. Cool finde ich das nicht, aber man lebt halt damit. Snowden war keine Überraschung für mich. Ob das jetzt für oder gegen mich spricht, ist jetzt einmal dahingestellt. Fakt ist, ich finde den Sensor eine richtig tolle Neuerung. Wer meinen Fingerabdruck wirklich bekommen möchte, der wird auch ohne Smartphone daran kommen, so ist es nunmal. Das größte Problem, dass das iPhone 5s schafft, ist aber ein ganz anderes - Die Farbe. Jetzt gibt es das goldene iPhone. Ich finde, es sieht ganz gut aus, das ist aber gar nicht der Punkt. Ab jetzt wird uns eine Flut an goldenen Telefonen überschwemmen und uns vermutlich auch ertränken. Ich will das nicht. Ich möchte dein goldenes Huawai nicht sehen, wirklich nicht.



Mir gehen übrigens diese ganzen "der hatte das schon 1988 eingebaut" und "das Design gabs 1958 schonmal" Argumentationen tierisch auf den Keks. Na und, das Produkt hab ich aber nicht, ich möchte ein Handy in dem das beste aller Handys zusammengeführt wird und nicht eins, in dem einfach nur Features eingebaut werden, um zu sagen wir haben Feature XY, wir sind geil. Deshalb interessiert mich es auch herzlich wenig, wenn es auch schon 2010 in einem Motorola Handy einen Fingerabdrucksensor gab. Schön für die Motorola User, mir aber egal. Ähnliches gibt es gerade auch bei Samsung zu bewundern, die Koreaner kündigten auf der IFA ihre Samsung Galaxy Gear an, eine unausgereifte Handy-Uhr für den Arm. Und warum machen die das? Genau, nur um sagen zu können: ERSTER! Das ist genauso wie bei Youtube, "ERSTER!" posten und keinen Inhalt haben, die weiteren Kommentare könnten dann Inhalt liefern, müssen sie aber auch nicht zwingend. Warum steckt man seine Kapazitäten nicht in ein durchdachtes Produkt, anstatt so ein halb fertiges Produkt zu veröffentlichen, das kann ich nicht verstehen. Deswegen mag ich Apple auch so, wenn dort etwas auf den Markt geworfen wird, kann man sich sicher sein, dass das Produkt durchdacht und qualitativ hochwertig ist. Bei Apple setzt man auf langjährige Kundenbindung und nicht auf das schnelle Geld.




Achso und übers 5c hat Alex auch noch geschimpft, es aber nicht richtig verstanden glaube ich. Das 5c ist einfach nur ein iPhone 5 mit einer anderen Hülle und nicht das oft gemunkelte Billighandy. Geschickt vermarktet, damit man es noch weiter verkaufen kann, deswegen auch der hohe Preis. Aber bevor man immer wieder von der jetzigen Ideenlosigkeit von Apple schimpft, weil Steve Jobs nicht mehr da ist, sollte man sich vor Augen führen, dass Jobs noch die Fäden für die Produkte der nächsten 4 Jahre gezogen hat. Die Produkte der nächsten 2 Jahre sind also noch Jobs Produkte. Apple kann sich zur Zeit nicht mehr austoben und der kreative Wilde sein, weil sie zu erfolgreich sind. Ganz einfach. An der Spitze sind große Innovationen nicht mehr so alltäglich, wie als kleines Start-Up Unternehmen. Not macht erfinderisch. Apple kümmert sich um den gesamten Weltmarkt, da muss jedes neue Produkt wohl überlegt sein. Das finde ich auch schade, keine Frage, aber das ist nunmal so. So komisch es auch klingt, es ist zu hoffen, dass Apple in baldiger Zukunft mit einem seiner Produkte keinen Treffer landet und aus dem breiten Fokus der Medien fällt.

Der kleine Underdog hat immer mehr Charme als der Global Player.

Montag, 9. September 2013

Hallo liebe Filmmenschen, euch soll's ja noch unter der Flut aus Belanglosigkeit des modernen Hollywood Kinos geben. Das geht jetzt schon länger so, wurden wir doch schon vor fast 17 Jahren vom audiovisuellen Meisterwerk Ænema der Musikgruppe Tool gewarnt:

"It's a Bullshit three ring circus sideshow of Freaks
Here in this hopeless fucking hole we call LA
The only way to fix it is to flush it all away.
Any fucking time. Any fucking day.
Learn to swim, I'll see you down in Arizona bay."

Aber ganz so abgrundtiefschwarz, wie die 2 lustigen 3 des Seniorenverbandes: "Hollywood gehört uns, ihr seid alle blöd", möchte ich das gar nicht sehen, sondern stattdessen dem Kino huldigen und ein neues, regelmäßiges Feature in diesem Blog präsentieren. Dieses strotzt nur so vor Innovationen, es läuft förmlich über, versucht man einen Deckel draufzulegen, wird dieser schlicht von einem Bündel der Ideen empor geschleudert. Ab jetzt gibt es Filmkritiken. Nur für euch, von mir geschrieben. Vielleicht gibt es dafür bald auch einen treffenderen, keckigeren und lustigeren Namen, aber bis dahin heißt das Feature schlicht: "Eine Kritik". Bewertungssysteme sind ja generell meistens eher unsinnig und in die Irre führend. Eigentlich sollte man sich alles was einen interessiert, auch selbst begutachten und nur weil es z.B. eine 7 statt einer 8 bekommen hat, fassen wir es nicht einmal mit der Kneifzange an. Deshalb habe ich mir ein ganz tolles System ausgedacht, ich empfehle euch einfach jeden Film den ich hier vorstelle! Allerdings sage ich euch wie ihr ihn konsumieren sollt, ich teile in 3 Kategorien ein:

1. Kino: Ein sehr sehr guter Film. Lasst bitte alles stehen und liegen. Reserviert euch sofort für den Abend die besten Plätze in dem Kino eurer Wahl.

2. DvD/Blu-Ray: Es handelt sich um einen guten Film, keine Frage. Allerdings würde ich euch nicht empfehlen euer hart verdientes Geld dafür an der Kinokasse rauszuschmeißen.

3. Stream: Scheiß Film. Gebt bitte kein Geld für diesen Film aus, er lohnt sich einfach nicht. Vielleicht ist es aber genau euer Film, deswegen guckt doch mal rein.

Natürlich rufe ich hier nicht dazu auf illegale Handlungen durchzuführen, aber ihr versteht glaube ich meine Gewichtung. Alles verstanden? Wenn nicht, dann noch mal oben anfangen zu lesen, sollte es dann immer noch Probleme geben, könnt ihr vermutlich nicht lesen. Dann kommt hier auch schon die erste Kritik, die Premiere macht Elysium.

Elysium - Eine Kritik




Endlich ist er da, der neue Film von Neill Bloomkamp, dem Sci-Fi Guru hinter District 9. Nach dem Erfolg von District 9, galt der Südafrikaner als Retter des modernen Science-Fiction Kinos, endlich jemand der alles aus einer anderen Perspektive sah und auch ein Auge für Ästhetik hatte. Und der neue Film von eben diesem Hoffnungsträger heißt Elysium. Elysium erzählt im Grunde eine der klassischsten Geschichten die es gibt, es geht um eine 2-Schichten-Gesellschaft. Die Erde ist in der Zukunft überbevölkert, auf ihr leben alle normalen Menschen, ihnen geht es nicht besonders schlecht, aber ein tolles Leben haben sie auch nicht. Gerade das Medizinsystem hat große Schwächen und wichtige Berufe wie der des Polizisten wurde durch Maschinen ersetzt, die von außerhalb befehligt werden. Von wem? Von der oberen Gesellschaftsschicht natürlich, den Elysianern. Für sie wurde die Erde dann doch zu schmutzig, deswegen bauten sie sich ihren eigenen Halo-Ring in der Erdatmosphäre. Pardon, ich meine natürlich ihre eigene Citadel. Sorry, Heute ist wirklich der Wurm drin. Sie bauten halt ihre eigene, ähh Erden-ähnlich-ringförmige-raumstation mit Atmosphäre, zogen auf sie um und tauften sie Elysium. Das Leben auf Elysium ist schön und gleicht einer Utopie. Besonders toll ist, dass es auf Elysium Medi-Bänke gibt, einfach drauflegen, seine ID einscannen und schon wird man von allen Krankheiten geheilt und bleibt bei regelmäßiger Nutzung sogar ewig am Leben. Kleiner Haken: Auf Elysium wohnen nur Milliardäre. Da diese im Volksmund ja eher als spießig gelten, blieb der Rest der Bevölkerung auf der Erde. Das so ein Set Up wunderbar für einen Science-Fiction Film geeignet ist, bewies ja bereits 1927 Metropolis - Was könnte da also schon schiefgehen?




Protagonist unserer Geschichte ist Matt Damon. Matt Damon lebt auf der Erde, wird todkrank, hat kein Geld, möchte aber nach Elysium. Das ist der Plot. Es gibt zwar noch andere Nebencharaktere, aber im Grunde ist das der gesamte Plot. "Kein Problem: Halt es simpel, dafür kümmere dich um deine Charaktere!" Nein, das klappt in Elysium auch nicht. Alle Figuren werden wie der Durchscnittsdeutsche blass geboren, leben blass und sterben blass. "Dann halt die Action! Ja die Action, die war doch schon in District 9 so toll! DIE WAFFEN IN DISTRICT 9 !!!11EINSELF!"Genau das habe ich mir nach wenigen Minuten der Ernüchterung gedacht, aber auch die Action war erstaunlich schlecht, was vor allem an der schrecklichsten Wackelkamera der letzten Jahre gelegen hat. Da wurde einem fast schlecht. Den finalen Showdown konnte ich beispielsweise nicht einmal mehr mitverfolge, da man einfach nichts mehr erkannt hat. Ihr merkt bestimmt schon, dass Elysium kein besonders guter Film geworden ist, dabei ist die Optik wie bei seinem Vorgänger abermals fantastisch und wunderschön, auch wenn sie zu großen Teilen geklaut ist. Aber hey: Talent borrows, Genius steals. Damit habe ich nun wirklich kein Problem, der Film ist optisch eine wahre Wucht. Leider weis sonst nicht viel zu überzeugen. Das Zelluloid wird nur so von Logiklücken durchlöchert, das Drehbuch ist wirklich unterirdisch. Während das Setting wirklich toll ausgeschmückt wurde, wirkt der Rest so als hätte ein 12-Jähriger einen Science-Fiction Film geschrieben. Alles was cool ist schmeißt er in seine kleine Spielzeugkiste, das ist erstmal kein Problem, das ist eigentlich sogar toll. Pacific Rim hat vor kurzem genau das gemacht. Das klappt fantastisch. Bei Elysium wollte sich dieser Junge aber vom Rest seiner Klasse abheben. 


**** Spoiler Alert ****

Plump versucht er mit Elysium Gesellschaftskritik anzubringen, was ja erstmal keine schlechte Idee ist, wenn dann aber die komplette Regierung durch einen Virus im Computersystem gestürzt, oder alle Bürger der Erde zu Bewohnern von Elysium gemacht werden können, möchte man wirklich zu einem gepflegten Facepalm ansetzten. Alle Ideen des Films bleiben Ideen, die nur ihren Weg in Elysium gefunden haben um cool auszusehen, aber nicht zu sein. So würde der kleine Junge das auch machen, nichts ist auch nur annähernd zu Ende gedacht.

**** Ende des Spoiler Alerts ****

In Elysium passieren ganz viele dumme Dinge, diese nehmen mit der Laufzeit sogar auch exponentiell zu. Gegen Hälfte des Films war ich so sauer, dass ich eine fabelhafte Idee hatte, man stelle sich vor Elysium wäre nur ein sehr teuer produzierter B-Film. Und ab da habe ich wirklich viel gelacht, Elysium ist wirklich lustig, wenn man das möchte. Ab da passt Matt Damon auch in den Film, denn am lustigsten sind nicht die frappierenden Logiklücken, die obligatorische Inception Tröte bei wirklich jeder verdammten Actionsequenz, nein, sondern die Stellen an denen Matt Damon sehr angestrengt versucht zu schauspielern. Was habe ich gelacht.




Aber meine Lieblingsszene möchte ich euch dann doch spoilern, sie findet auch schon am Anfang statt und ist nicht wichtig für den Storyverlauf. Macht bitte die Augen zu. Jetzt stellt euch bitte einen Mann vor, einen Mann der Chuck Norris ziemlich ähnlich sieht, ohne dass er wirklich Chuck Norris ist. Dieser Mann steht auf dem Dach eines hohen Hauses. Was macht er dort? Dieser Mann grillt auf einem alten, leicht verrosteten Grill. Der Mann ist sehr verschwitz und auch sein Oberkörper ist nicht bedeckt. Er grillt Fleisch, ein riesiges Stück Fleisch. Von diesem Stück Fleisch könnte eine ganze Familie satt werden. Es steht ein Mann auf einem Hausdach und grillt dort oberkörperfrei und verschwitzt ein majestätisches Stück Fleisch. Er wirkt glücklich. Einfach, aber glücklich. Die Idylle zerstört eine Nachricht auf seinem Telefon, er sei gefeuert.

Wie würdet ihr reagieren?

Genau, ihr tretet den fucking Grill das Haus runter, während ihr aus lauter Kehle "SCHEIß POLITIKER" brüllt. 

NUFF SAID.  


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Samstag, 31. August 2013

Ich glaube ich brauche euch allen nicht zu erklären, dass wir von "Zu Anarchie sagt keiner Nein", regelrechte Verfechter der Filmkunst des Uwe Boll's sind. Wir haben Uwe Boll wirklich lieb. Uwe Boll ist Anarchie in seiner reinen Essenz. Seine Filme sind durchweg ein Bollwerk der guten Unterhaltung - zumindest mit Bier. Unvergessen ist beispielsweise der Audiokommentar zu "Alone in the Dark", in dem der Herr Filmemacher einfach mal die Aufnahme verlässt und mit seinem Hund spazieren geht oder das eine oder andere Wörtchen über Rumänen verliert. Höhepunkt seiner Kariere ist wohl das KZ-"Drama" Auschwitz, in dem Boll sich selbst zum Nazi degradiert. Abgesehen von seinen filmischen Leistungen muss ich aber sagen, dass ich Uwe Boll als Person wirklich schätze. Es gibt nicht viele Personen in der Öffentlichkeit, die so Klartext reden wie Uwe Boll. Fuckt ihn etwas ab, dann kann man sicher sein, dass er das auch zur Sprache bringt. Grandios und unvergessen ist auch seine Idee gewesen, einfach gegen seine Kritiker in den Boxring zu steigen und dort die Meinungsverschiedenheiten aus der Welt zu prügeln. Boll gewinnt im Ring. Auch wenn seine Filme in meinen Augen einfach nicht gelingen wollen, eine sympathische Persönlichkeit ist Herr Boll immerhin.


Was in den letzten Tagen allerdings passiert ist, setzt der Boll´schen Dekadenz die Krone auf. Doktor Uwe Boll möchte Postal 2 drehen, was nicht so abwegig erscheint, gilt Teil 1 doch als einer der besten Boll Filme. Das allein ist aber nicht die News, Uwe möchte, dass ihr seinen Film bezahlt und geht mit seiner Idee auf Kickstarter. 500.000$ möchte Uwe haben, um endlich die Fragen zu beantworten, die alle Individuen auf diesem Planeten um den Schlaf bringen. Ich zitiere aus der offiziellen Meldung:

"POSTAL 2 will finally destroy the filmindustry and the world we are living in. We could name the movie also HONEY BOOBOO must die ....but so many people deserve to die. Why starting with a child? Did Osama die? We know. And why the Navy Seals were too stupid to land a helicopter on a free field? Why did Building 6 collapse? We explain. Why is Obama is like Bush? We show you."

Wer wollte das nicht schon immer wissen? Ein Großteil der Menschheit vermutlich, aber das tut ja nichts zur Sache. Klar, der Film soll ironisch, lustig und vor allem kontrovers werden, aber das klappt in diesem Fall mal so gar nicht. Ich fühle mich wirklich für dumm verkauft, so plump und gehirnfremd sind die Menschen nicht Herr Boll! Das ganze Projekt wirkt wie eine fixe Idee: Tags drauf hat unser Uwe vermutlich einen über den Durst getrunken und dachte sich: Postal 2 wäre doch ne knorke Idee. So wurde das Projekt und die Bitte nach Geld höchstprofessionell so unprofessionell wie möglich gefilmt, man kann sogar noch hören, wie die Frau hinter der Kamera Uwe sagt, dass er jetzt anfangen könne zu sprechen. Das ist wie schwimmen zu wollen ohne Arme und Beine zu benutzen, mit Glück kann man sich treiben lassen, mit Glück fließt Geld in die Kassen. Früher, so scheint es mir, war Herr Boll immer ganz heiß auf sein nächstes Projekt, war Feuer und Flamme, stand da voll hinter. Das fand ich so sympathisch: Auch wenn ich seine Filme nicht mochte, konnte ich seiner Leidenschaft etwas abgewinnen. Er war in etwa so, wie ein moderner Ed Wood. Wenn die Leidenschaft stimmt können Filme auch gerne schlecht sein, aber was ich hier und in den letzten Filmen unseres Lieblingsregisseurs so gesehen habe, lässt diese These dann doch nicht zu. Vielleicht hat Uwe Boll auch einfach den Drive verloren, ich meine es ist kein Geheimnis, dass viele ihn als schlechtesten Regisseur aller Zeiten sehen - was er definitiv nicht ist, man überspitzt halt gerne. Habt ihr mal Rennschwein Rudi Rüssel 2 - Rudi rennt wieder gesehen? Mir kam es aber immer so vor, als würde er diese Vorwürfe ganz gut verkraften und einfach nicht beachten, sein Ding weiter machen. Die aktuelle Kickstartergeschichte ist aber einfach der Gipfel der Peinlichkeit, da kann man nicht mehr argumentieren. Wenn Boll seine Zuschauer für dumm hält, haben diese ebenfalls das Recht dazu.


Aber vielleicht seht ihr das ja anders, dann könnt ihr den Film unterstützen. 57 Tage habt ihr noch, um Uwes nächstes Projekt zu ermöglichen. Wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass 500.000$ da wirklich reichen. Egal. Wie immer gibt es bei Kickstarter Goodies, je mehr ihr spendet, je mehr bekommt ihr. Für 5$ gibt es einen Newsletter (holyfuckinshit), ob der auch von Uwe selbst geschrieben wird ist nicht bekannt. Für 10$ gibt es dann das Drehbuch als PDF, kein Scherz, damit man die "Storytwists" vor allen anderen kennt, geilon. Ganze 25$ verschaffen euch eine digitale Kopie des Films, für 50$ gibt es ein T-Shirt. Bei 200$ werdet ihr nach L.A. eingeladen, um den Film vor allen andern sehnsüchtig Wartenden zu sehen - Flug, Hotel und alles andere bezahlt ihr natürlich selbst. Richtig lockere Brieftaschen können dann noch selbst im Film mitspielen oder gar Executive Producer werden.

Also pledgen, pledgen, pledgen!


Mittwoch, 28. August 2013

Ok, Jungs und Mädels, ihr habt jetzt genau 3 Möglichkeiten:

  1. Ihr seid filmbegeistert und lest jetzt direkt weiter, yay
  2. Ihr seid nicht filmbegeistert, seid aber für alles offen, dann dürft ihr auch lesen
  3. Die Putzenfraueninsel und die Fast and the Furious Filme sind eure absoluten Favorites? Michael Bay ist ein absoluter Regie-Gott für euch? Till Schweiger würdet ihr am liebsten heiraten oder für ihn die sexuelle Gesinnung ändern? Dann verlasst bitte diesen Blog, ich sag's euch auch gerne so wie's ist ins Gesicht: Ich mag euch ganz einfach nicht. Jaja, von so einem "Kultur-Bullshit" kann man doch nicht auf den Charakter schließen sagt ihr, aber hey, ihr sprecht mit einem Kulturwissenschaftler, was erwartet ihr? Ihr würdet doch sogar zu Anarchie nein sagen, ihr alten Rebellen.
Da ihr doch tatsächlich weiter lest, muss ich davon ausgehen, dass ihr das Auswahlverfahren überstanden habt. Herzlichen Glückwunsch, euch hab ich eh am liebsten. Jetzt aber zum eigentlichen Thema und das ist nicht leicht abzudecken. Haltet eure Kinder, Tk-Pizzen und Hühnerkäfige fest, es geht schlicht um den größten Regisseur unser Zeit:


Paul Thomas Anderson - Eine Werkschau



Paul Thomas Anderson wurde 1970 in Studio City, Kalifornien geboren. Wie passend. Als Sohn eines Synchronsprechers und Schauspielers kam PTA bereits früh mit dem Medium Film in Berührung, sein Vater Ernie schenkte ihm mit 12 Jahren die erste Kamera. PTA schmiss nach 2 Tagen Filmstudium in New York, gewann im Glücksspiel mit dem Geld seiner Freundin und bekam 10.000$ von seinem Vater. Aus dem Geld wurde ein Kurzfilm, der Tor und Tür öffnen würde und Cigarettes & Coffee hieß. Danach gings so richtig los: Last Exit Reno, Boogie Nights, Magnolia, Punch-Drunk Love, There will be Blood und zuletzt The Master. Was für eine Filmografie. Extrem langweilig wäre jetzt alle Filme durchzugehen, darum mache ich das jetzt auch.

Last Exit Reno:


Neben The Master der einzige Film von PTA, der von mir noch nicht gesichtet wurde, habe gerne solche Sicht-Lücken in der Filmographie eines Regisseur. Zu diesem seltsamen Tick vielleicht an anderer Stelle mehr. Wenn ich den Film gesehen habe gibt es einen Nachtrag, versprochen.


Boogie Nights:


Boogie Nights ist Paul Thomas Adersons großer Durchbruch geworden, bereits 1988 nahm er die Story rund um die fiktive Pornolegende Dirk Diggler auf Video auf, brachte sie dann aber mit Boogie Nights 1997 schlussendlich auf die große Leinwand. Der Cast ist unglaublich, wie er den zu der damaligen Zeit zusammengebracht hat, ist schlichtweg beeindruckend. Mark Wahlberg, William H. Macy, Philip Seymour Hoffman, John C. Reilly und Burt Reynolds spielen alle in dem familiären Film über die Pornobranche der Siebziger und Achtziger mit. Familiär trifft es da richtig gut, in dem fast dreistündigen Zeitporträt werden denkende und fühlende Menschen charakterisiert, es gibt kaum schwarz/weiß, die gängigen Cliches über die verruchte Branche werden zwar teilweise abgeholt, aber auch aus anderen Perspektiven betrachtet und das macht diesen Film so toll. Reynolds Charakter Jack Horner ist wie ein Vater für den orientierungslosen Eddie bzw. Dirk Diggler, wie er sich selbst nennt. Dirk Diggler, diesen Namen möchte er ganz nach dem Pokemon-Motto in die ganze Welt tragen - Er möchte der größte Porno-Star aller Zeiten werden, wie keiner vor ihm war! In großen, neonfarbenden Lettern soll dieser Name die Stadt erleuchten. So wird der wirklich noch jung aussehende Mark Wahlberg mehr und mehr in die Branche hereingezogen und auch der Zuschauer lernt die Industrie immer besser kennen, leidet sogar mit der Gruppe um Jack Horner und seinem Star Dirk Diggler mit. Alle scheinen treudoof und sympathisch, sie sind wie ganz normale Menschen - nur mehr porno. Aber nicht nur Dirk hat einen Traum auch Jack hat Ziele gesetzt:
 „But I don't want to make a film where they show up, they sit down, they jack off, and they get up and they get out before the story ends. It is my dream, it is my goal, it is my idea to make a film where the story just sucks them in. And when they spurt out that joy juice, they've got to just sit in it. They can't move until they find out how the story ends. You know, I want to make a film like that. And I understand, they have to make films...I've made them myself, you know where there's a few laughs, everyone fucks their brains out. And that's fine. But it's my dream to make a film that is true and right and dramatic." 


Von diesen liebevoll geschriebenen Charakteren gibt es dutzende in Boogie Nights, jeder hat seine kleine Geschichte, jeder hat seine Motivationen, kein Charakter wurde einfach ins Drehbuch gerotzt, alle gehören in den Film. Das hat eine Menge Charme, davon lebt der Film. Für jeden Charakter und seinen Leidensweg wird in den 149 Minuten Spielzeit Platz eingeräumt, jeder darf Rampenluft schnuppern. Ebenfalls beeindruckend ist Boogie Nights von seiner technischen Seite, besonders von der Kamera her. Herzstück des Films sind die nie enden wollenden Plansequenzen auf Jack Horners Anwesen. Die Partys werden so perfekt in Szene gesetzt, keine Verbesserungen sind mehr möglich. Jeder Charakter bekommt in diesen Kamerafahrten seinen eigenen Raum, alle sind präzise auf einander abgestimmt. Auch sonst ist die Kamera wie in allen PTA Filmen unglaublich toll, ist immer genau dort wo sie sein sollte, fängt den Charme, Flair und die Aussagekraft einer Szene unglaublich detailverliebt ein. Verewigt werden diese zauberhaften Bilder in PTA's Filmen immer von Robert Elswit, der für There will be Blood endlich seinen ersten Oscar bekam. Kameramänner kennt man ja eher weniger, aber Robert Elswit ist neben Emmanuel Lubezki (Children of Man) ein Name, der sich zu merken lohnt.

Kubrick lässt grüßen - dazu aber mehr bei There will be Blood


Boogie Nights ist aber mehr als ein Zeit- oder Branchenportrait, es ist eigentlich eine Hommage an den Film selbst und an das Filmemachen. Das Bild des klassischen Regisseurs wird auf den hoffnungslos in der Pornobranche verlorenen Regisseur Jack Horner projiziert. Jemand der Ambitionen und Visionen hat einen Film zu machen, der die Leute berührt, der sein Publikum zum Nachdenken und Reflektieren bringen will. Er versagt allerdings immer wieder, weil er nicht aus seinem Kosmos, der Pornobranche, ausbrechen kann. Er will die Filmwelt umkrempeln und begeistern, wird dieses aber niemals schaffen, da sein Publikum eigentlich keine Veränderung haben möchte, sondern sich schlicht befriedigen will. Genau so verhält es sich auch in der echten Welt, gerade so jemand junges wie ein Paul Thomas Anderson möchte neue Ansätze von Filmen bieten, möchte revolutionieren, muss aber feststellen, dass die meisten Menschen das absolut nicht interessiert, die möchten immer mehr Bombast und schnelle Fast Food Filme haben. Keine Zeit verschwenden. So muss auch er immer wieder scheitern und kann die Massen nicht begeistern. Auch er ist gefangen und kann als kleiner unbedeutender Regisseur, der noch am Anfang seines Schaffens steht, seine Ketten nicht zerstören, seinen kleinen Kosmos nicht verlassen, auch wenn er es wollte. Diese Tragik sieht die Masse nicht und das macht sie und Boogie Nights so herzzerreißend schön.

Magnolia


Für viele das Prunkstück in Paul Thomas Andersons Filmografie. Es ist schon etwas her, dass ich den gesehen habe, also verzeiht mir bitte kleine Fehler, ok? Cool, ihr seid die besten! Magnolia hat eine der besten Eröffnungsszenen der Filmgeschichte, Punkt. Es werden drei kleine Geschichten aus dem Off erzählt, alle scheinen die irrwitzigsten Ereignisse darzustellen, es scheint als wären alle nur ein unglaublicher Zufall. Dem widerspricht die Stimme aus dem Off allerdings: „Nein, dies war kein purer Zufall. Solche eigenartigen Sachen passieren andauernd", mit dieser merkwürdigen Aussage wird man dann in den Film entlassen, der rein gar nichts mit diesen drei Geschichten zu tun hat. 3 Stunden lang, der Film ist sehr lang, weiß man dieses scheinbare Orakel auf die Geschehnisse des Films nicht einzuordnen. 3 Stunden lang schwebt dieser Satz vor deinem inneren Auge. Nach 3 Stunden macht es dann Klick. Alles löst sich auf, alles ergibt Sinn, alles verschmilzt.


Magnolia könnte man eigentlich als Episodenfilm bezeichnen, Hauptdarsteller gibt es nicht, Helden fehlen. Dafür gibt es ein riesiges Roster an liebevoll gezeichneten Charakteren, die alle versuchen ihr Leben zu führen. Dieses Spektrum reicht von Philip Seymour Hoffman (Spielt bis auf There will be Blood in jedem PTA-Film mit), der einen privaten Krankenpfleger für einen im Sterben liegenden Mann spielt, über einen kleinen Jungen, der ein absoluter Quiz-Show Crack ist und immer wieder den großen Jackpot nach Hause holt, bis zu einem exzentrischen Tom Cruise, der fast so verrückt wie der echte Tom Cruise erscheint. Wie gesagt es gibt noch ein knappes Dutzend andere Charaktere, die quasi alle einen eigenen Film füllen könnten. Zunächst scheinen alle Leben separiert voneinander, das ändert sich allerdings noch im Laufe des Films.



Magnolia zeigt eine der ganz großen Stärken PTA's auf: Er ist einfach ein verdammt guter Geschichtenerzähler und er hat alle seine Charaktere lieb, kümmert sich um sie. Das machen leider nicht die meisten Regisseure, viele Nebendarsteller werden nicht Ernst genommen, bekommen keine Backstory, sie sind Mittel zum Zweck, sie sind Beiwerk. Anders bei PTA, er weiß genau wie wichtig es ist, dass jede Figur einen Charakter hat und eben nicht nur Hüllen sind, die zur nächsten bombastischen Actionsequenz leiten sollen. Auch das 'Event' in Magnolia wird so liebevoll und detailreich inszeniert, über den gesamten Film hinweg gibt es unzählige Hinweise auf das Ereignis, dass alles und jeden verbindet. Paul Thomas Anderson liebt seine Filme, das merkt man einfach.  



Punch-Drunk Love:



In diesem Film wird das Unmögliche möglich gemacht. Es ist so als wenn man ein Perpetuum Mobile bastelt und mit der Energie eine Maschine baut, die Pi komplett ausschreiben kann. In diesem Fall ist PTA das Perpetuum Mobile und Adam Sandler Pi. PTA bringt in Punch-Drunk Love den guten Adam doch tatsächlich zum ersten und vermutlich letzten Mal in seinem Leben zum Schauspielern und das sogar verdammt gut. Kein Scherz. In Punch-Drunk Love geht es um den kleinen Unternehmer Barry Egan, der, ja was ist das überhaupt, so komische Dingens verkauft halt und das läuft sogar scheinbar erfolgreich. Da gibt es allerdings ein Problem in Barrys Leben: Er ist sozial komplett inkompetent. Ufern Situationen aus, läuft sein Fass über, dann rastet Barry vollkommen aus und schlägt wirklich alles was vor seine Augäpfel tritt zu Brei. Er muss dann einfach alles zerstören, vernichten, zermahlen. Dazu kommen dann noch Barrys  sieben (!) unglaublich nervigen Schwestern, die ihn unbedingt verkuppeln wollen, was Barry zunächst nicht sonderlich gefällt. So trifft er aber auf Lena, gespielt von Emily Watson. Mit der Zeit entwickelt sich zwischen den Beiden eine unglaublich kitschfreie Liebesgeschichte. Hinzu kommt dann noch, dass Barry Probleme mit einer Sex-Hotline hat, die er in Anspruch genommen hat, er würde denen Geld schulden. Der unglaublich experimentelle, aber trotzedem fantastische, Soundtrack treibt Situationen auf die Spitze, besonders eine der markantesten Szenen. Wenn Barry wutentbrannt und mit den Nerven am Ende, den Betreiber der Hotline sprechen will, der abermals gespielt wird von Philip Seymour Hoffman. 



Das Drehbuch, welches übrigens auch von PTA verfasst wurde, ist so feinfühlig und erfrischend. Der Film wirkt durch seine Bilder und seinen Soundtrack beinahe ein wenig sureal, aber trotzdem scheint alles möglich und plausibel. Das könnte alles so passiert sein, aber irgendwie auch nicht. Ganz großes Kino, Punch-Drunk Love ist neben 'Eternal Sunshine of the Spotless Mind' einer der besten Liebesfilme, die es gibt. Besonders zum Ende des Films gibt es eine Szene zwischen Sandler und Hoffman, die so intelligent und feinfühlig gestaltet ist, dass sie ohne Probleme eine der markantesten Filmszenen des letzten Jahrzehnts ist, meiner Meinung nach versteht sich. Solltet ihr außerdem einen Faible für Pudding haben, wird Punch-Drunk Love sowieso euer Lieblingsfilm sein.





There will be Blood:


PTAs Mammutwerk, einer der besten Filme der letzten Dekade, vielleicht sogar der beste Film. In dem Film geht es um den Aufstieg und Fall des Daniel Plainview, gespielt von einem unvergleichlichem Daniel Day-Lewis, einer der besten schauspielerischen Leistungen der Filmgeschichte. Es geht um den Machtkampf zweier Männer, die so verschieden nicht seien könnten. Ich denke den Film werden alle, die so weit in diesem Artikel gekommen sind, auch gesehen haben, daher verliere ich keine Worte mehr zum Inhalt und stelle eine sehr gewagte These. Paul Thomas Anderson ist der neue Stanley Kubrick, der Kubrick unser Generation. Jetzt habe ich's gesagt. Kubrick ist tot, das ist scheiße. Wenn's einem vergönnt gewesen wäre noch ein paar weitere Jahre auf dieser Erde zu wandeln, dann Kubrick. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er in dieser Zeit zu aller erst einen Film gedreht hätte, denn das war sein Leben. Ein Leben für den Film. Seinen letzten Film Eyes Wide Shut konnte der Meisterregisseur nichtmal komplett vollenden, kurz vor Ende des Schnitts starb er überraschend an Herzversagen. Schaut man zurück hat Kubrick nie das Gleiche gemacht: Einen Liebesfilm, eine Komödie, den prägendsten Science Fiction Film der Geschichte, einen Film über die Jugend, einen Horrorfilm, einen Historienfilm, einen Kriegsfilm und in gewisser Weise auch einen Porno. Auch PTA verirrte sich bisher nie in die selben Gefilde: Zeitporträt, "Episodenfilm", Liebesfilm, fiktives Biopic. Kubrick ist bekannt für eine perfekte Verbindung aus Musik, Bild und die Unvollkommenheit der Menschen. Jeder Frame in Kubrick's Barry Lyndon könnte beispielsweise ein Gemälde sein, jede Einstellung ist perfekt durchkomponiert und so verhält es sich mit allen Filmen Kubrick's. Bei Paul Thomas Anderson sehe ich dieses Perfektions-Gen auch. Alles stimmt in seinen Filmen einfach, jede Perspektive hat einen Sinn, nichts Geschieht aus Zufall. Magnolia lässt schön grüßen. Sowas ist schwer zu beschreiben, aber ich glaube ihr wisst wovon ich spreche. Ich meine schaut euch diese Szene aus There will be Blood an, man könnte sie fix einrahmen und dann auf einer Kunstauktion für mehrere Millionen versteigern lassen.




Jetzt wird's allerdings abgedreht, so verrückt sich das jetzt auch anhört: ich sehe in There will be Blood eine Hommage an Kubrick's Werk und besonders an '2001 - A space Odyssey'. Jetzt dreht der Junge völlig durch, lasst mich mal bitte erklären. Gleich die erste Szene ist so unverkennbar 2001, das kann man gar nicht übersehen. Die Kamera blendet auf eine karge Wüstengegend, alles ist trocken und staubig, im Hintergrund spielt eine schrille Geräuschabfolge, die frappierend an György Ligeti's verstörende Klänge in 2001 erinnern. Die Szenerie wirkt unglaublich bedrohlich, obwohl sie es eigentlich gar nicht sein dürfte. In der kompletten, fast fünfzehnminütigen Eingangssequenz wird kein Wort gesprochen, alles genauso wie in 2001. Wenn ich jetzt weiter phantasiere könnte ich noch sagen, dass der Bohrturm von seiner Form her den berühmten Monolithen darstellen könnte und Daniel mehrmals zu einer höheren Existenz katapultiert, aber das könnte auch nur eine fixe Idee von mir sein. Generell haben mich viele Einstellungen an Kubrick's SciFi-Offenbarung erinnert, aber wirklich erklären warum, kann ich das nicht. Guckt den Film einfach mal mit dem Gedanken im Hinterkopf, andere Meinungen würden mich interessieren. Die letzte Szene von There will be Blood erinnerte mich dann übrigens extremst an The Shining: Die Symmetrie der Bowlingbahn, die karge Ausstattung und Daniels Wutanfall, ich sah darin unverkennbar The Shining. Diese Spekulationen kommen übrigens nicht komplett aus dem Nirgendwo, PTA selbst ist riesiger Kubrick-Fan und hat den Meister des Films sogar einmal persönlich getroffen.



Um jetzt doch noch 1-2 Worte zu There will be Blood oder TwbB, wie wir Cool-People sagen, zu verlieren: Dieser Film ist nahezu perfekt. Daniel Day-Lewis spielt sich die Seele aus dem Leib, die Kameraarbeit ist außerordentlich und der Soundtrack ist verstörend-stimmig. Wenn Daniel Plainview weinend aber auch hasserfüllt der gesamten Gemeinde beichtet, dass er seinen Sohn verstoßen hat, kann einem nur die Gänsehaut kommen. Diese Szene ist so feinfühlig und genau durchkomponiert. Wie Daniel exakt symmetrisch in der Mitte von Elis Kirche steht, der trotz den Widersachern von Standard Oil, sein größter Feind ist und wie Daniel in diesem Reich von Eli seine größten, ihn selbst zermürbenden Fehler beichten muss, das ist ganz großes Kino. Daran werden sich die Leute auch noch in Jahrzehnten erinnern. Der Machtkampf zwischen Eli und Daniel baut sich einfach so intelligent und feinfühlig auf, bis er sich dann schlussendlich fulminant entlädt, das ist meisterhaft. Um es nochmals zu wiederholen, Daniel Day-Lewis ist allgegenwärtig in diesem Film. Wenn er anfängt zu erzählen, wie es diese kleine Triebfeder in ihm gibt, die verhindert, dass er den Erfolg anderer ertragen könne und dass er die Menschen hasse, wird JEDER Zuschauer erstummen. So etwas gibt es ganz selten, so etwas wurde auch zurecht mit dem Oscar gekürt, da hatte die Academy mal einmal alles richtig gemacht.




Das war meine kleine Werkschau über Paul Thomas Anderson, sobald ich The Master gesehen habe, wird es dazu sofort einen Nachtrag geben. Der Film polarisiert doch sehr, manche sprechen von PTA's ersten großen Ausrutscher, manche von einem verkopften Meisterwerk. Solltet ihr es tatsächlich bis nach ganz hier unten geschafft haben, 20.000 Zeichen unter dem Meer, dann bedanke ich mich ganz herzlich für's Lesen, für euch habe ich immer ein Fishermans Friend in meiner Jackentasche übrig. Was haltet ihr von Paul Thomas Anderson, überschätzter "Jungspund" oder der Kubrick unserer Zeit? Würde mich echt mal interessieren, ansonsten würde ich gerne euren Lieblingsregisseur kennenlernen.

In diesem Sinne
Peace out

Freitag, 23. August 2013

Hey, Ho, Lets go to the Gamescom! Hieß es für mich dieses Jahr nicht, stattdessen vertreibe ich mir meine Zeit mit Gitarren, schmierigen Blogartikeln und gewölbten Schallplatten. Ich wäre zwar gerne, wie die anderen tausenden Verrückten durch die heiligen Hallen in Kölle gepilgert, aber das hat sich dieses Jahr nicht ergeben. So traurig das auch ist, irgendwie haben die klassischen Spielemessen ihren Glanz verloren, sind mittlerweile ganz matt. Keine Schuhcreme mehr da, aber trotzdem noch tragbar, sieht dann aber nicht mehr so gut aus, wie noch in den Jahren zuvor. Übrig geblieben sind nur noch die 3 Großen: Die Gamescom, die Tokio Games Show und die E3, das Weihnachtsfest im Sommer. Aber irgendwie läuft auch deren Motor nicht mehr so beständig wie beim Neukauf, dieses Jahr gabs nur noch 2 der eigentlich 3 traditionellen Pressekonferenzen, die man dann wie im Bann vor seinem kleinen Monitor in brüllender Hitze mitverfolgt und hofft, dass sein kleines Herz für einen Takt aufhört zu schlagen, weil ja etwas außergewöhnliches passieren könnte. Etwas worüber noch in Jahren gesprochen wird, sowas passiert heute ja auch nicht mehr.

Ein Blick zurück: 2006, ich glaube wirklich das beste Jahr, das ich erleben durfte. Ich meine überlegt mal was da alles passiert ist. Die Fußball WM demontierte die gesamte Nation, es gab Prima Wetter, die Gorillaz bringen ihr Demon Days raus, Fluch der Karibik 2 lief im Kino und im Winter kam die, die gesamte Branche erschütternde, Wii auf dem Markt. Und woher wusste der kleine Jonas das? Genau, von der damaligen E3, die war damals nämlich noch viel bedeutender als heute, so weit wie man immer glaubt, war das Internet da auch noch nicht. Youtube gibt es erst seit 2005. Erinnert sich eigentlich noch jemand an Google Video? Neuigkeiten über den heißen Scheiß in der Spielewelt gabs meist am Kiosk oder eben zur E3 im Livestream. Bewegungssteuerungen waren damals noch etwas völlig neues, da ist es kein Wunder, dass Nintendos damalige Pressekonferenz kollektiv Köpfe platzen lassen ließ, die Möglichkeiten schienen unbegrenzt. Und gleichzeitig gabs dann noch die berühmte Sony Pressekonferenz, die mitlerweile Kultstatus geniesst und sich in das kollektive Gedächtnis des Internets eingebrannt hat. Riiiiiiiiiiiidge Raaacer, die Giant enemy Crab based on history, alles Highlights der aktuellen Zeitgeschichte. Der Punkt ist, was damals auf der E3 passiert ist, ging den Leuten erstmal ein Jahr lang nicht mehr aus dem Kopf, das waren die neuen Infos, das war die Woche aus der sich der gesamte Hype eines Jahres zog. Heute gibts Livestreams und große Ankündigungen alle 2 Tage, es braucht einfach keine Messen mehr. Alles ist zu schnell geworden, man sieht sich im kleinen verregneten Autofenster sich selbst überholen. Spielemessen haben leider an Berechtigung und Exklusivität verloren, heute gibts neue Gameplay Videos zu allen Titeln an jeder Ecke, da muss man nicht extra nach L.A. fliegen. Und doch freut sich gefühlt das gesamte Interwebs auf die nächste E3 und am Ende sind dann wieder alle enttäuscht, weil es wieder keine großen Überraschungen gab.



Irgendwie ist gerade die Situation in Deutschland am paradoxesten, einmal in Jahr werden die Spiele von der gesamten Nation gefeiert, alle lieben die Gamescom. Naja, bis auf RTL vielleicht. Aber gleichzeitig ist das ach so kindische Spielen, doch nirgendwo so belächelt wie hier. Natürlich schaut Angela Merkel Filme, hört Musik oder liest ein Buch, aber Gnade dir Gott, wenn sie ein Videospiel anfassen würde. Dann kollabiert Deutschland. So was geht einfach nicht. Bullshit ist das, es kann doch nicht sein, dass in Deutschland alle so engstirnig sind. Denkt man mal genauer darüber nach, dann ist das Videospiel die logische Konsequenz von 2000 Jahren Kulturgeschichte, die Verbindung aller populären Medien, die Grenzen von Bild, Ton und Konsumenten verschmelzen. Ich glaube Leonardo da Vinci wäre Gamer gewesen.

Das ist mein Ernst.

Donnerstag, 15. August 2013


Heute tauche ich mit euch ausnahmsweise in mir völlig fremde Gefilde ein, man könnte meinen Wissenstand mit dem einer Kartoffel über die Machtverhältnisse im archaischen Griechenland vergleichen, oder man könnte einfach sagen ich bin ein scheiß Kackboon auf diesem Gebiet. Ja, es geht um einen Comic, verschnöselter gesagt um eine Graphic Novel *weinschwenk*, so nennen das nämlich die Leute, die sich zu gebildet für "Comics" fühlen. Ich habe einen Comic gelesen, wie kann das denn sein, super Story:

Ich War in einem Buchladen, da hab ich die Comic/Manga Ecke gesehen und erstmal den heißen Scheiß gecheckt, schließlich dann in den unteren Reihen einen kleinen Wälzer, mit prominent platziertem Hakenkreuz und Katzen gefunden. Gleich fasziniert, blätterte ich durch das "Buch" und stellte fest:  "Verdammt das sieht sehr interessant aus, das willst du lesen!" Ich also das Buch genommen damit nicht zur Kasse gegangen und es bei Amazon bestellt. Verrückte Welt.

Kurze Rede fast kein Sinn, bei dem Comic handelte es sich um "Maus - Die Geschichte eines Überlebenden"von Art Spiegelman welcher 1986-1991 in 2 Bändern erschien. Maus ist jetzt nicht Todtraurig oder so, aber wirklich hart, teilweise kommt man schon arg ins Schlucken und muss auch mal kurz inne halten und das bei einem Comic. Art Spiegelman erzählt keine fiktive Geschichte, es geht nicht um irgendwelche abstrusen Maus-Superhelden, sondern um die wahre Überlebensgeschichte seines Vaters Wladek, ein polnischer Jude der das Grauen von Auschwitz erleben musste und schließlich nach New York ausgewandert ist. Der Kniff der ganzen Sache: Im Comic gibt es keine Menschen,  alle Figuren werden durch Tierwesen dargestellt, die Juden sind Mäuse, die Deutschen Katzen, die Polen Schweine, Franzosen Frösche usw. Wladeks Leidensgeschichte wird allerdings nicht von A-Z heruntergebetet sondern der Comic zeigt im Grunde wie der Comic entstanden ist, ähnlich wie Adaption, nur nicht so abgedreht. Art Spiegelman zeichnet sich selbst, wie er seinen Vater über das erlebte Grauen immer weiter ausquetscht und wie er sich mit den Folgen des KZ zurechtfindet. Das passiert alles sehr subtil und drängt sich auch nicht in den Vordergrund. Diese Mechanik führt teilweise zu unglaublich selbstreferrenziellen Situation, Schwarz/Weiß Malerei gibt es nicht, Art selbst und auch Wladek werden keineswegs als perfekte Menschen dargestellt, sondern als Lebewesen mit Ecken und Kanten, die auch schon mal rassistisch werden können, trotz ihrer Vergangenheit. Das ist toll, dadurch wirkt alles unglaublich authentisch.


Der Comic ist in 2 Bände unterteilt: "Maus I - Mein Vater kotzt Geschichte aus" und  "Maus II - Und hier begann mein Unglück". Es gibt keine Farben, alles ist Schwarz und Weiß gehalten und mit einfachen Zeichnungen bebildert. Und trotz dieser, eher schlichten Bilder wirkt alles schonungslos hart. Was Wladek Spiegelman erlebt haben muss ist wirklich unbeschreiblich, ich glaube wenn man die Momente in denen er es fast nicht geschafft hätte zusammenzählt und sie einem schlauen Menschen, vorzugsweise einem bärtigen Mathematiker, zeigen würde, müsste dieser zweifelsohne bescheinigen, dass die Überlebenschancen gleich 0,00 gewesen sind. Dazu möchte ich auch gar nicht viel schreiben, das kann ich nicht, das ist echt nicht leicht. Mit solchen Forderungen sollte man ja eigentlich vorsichtig sein, aber in diesem Fall sage ich euch, besorgt euch den Comic und lest ihn sachte durch, den sollte man wirklich gelesen haben. Auch wenn das Thema schon unendliche Male in Film und Funk durchgekaut wurde, ist Maus in dieser Hinsicht anders. Filme wie Der Pianist oder Schindlers Liste sind gut und auch wichtig, aber Maus hat irgendwie etwas schonungslos ehrliches, während man bei gerade genannten Werken merkt, dass es schon Grenzen in der Produktion gab. Lest es bitte, es ist es wirklich wert.

Maus hat übrigens als erster Comic überhaupt den Pulitzer-Preis gewonnen.

Donnerstag, 8. August 2013

Na du kleiner Cineast, schonmal einen David Lynch Film gesehen? Fandest du ganz schön surreal, was? Jazz Musiker, Rammstein und ganz ganz komische Menschen, wie? Hast du schonmal einen Winding Refn gesehen? Walhalla Rising oder sagen wir sein neustes Machwerk Only God Forgives, nein? Na mein Freund, das ist Surrealismus. Herzlich Willkommen in der abgefuckten Neonwelt von Only God Forgives, time to meet the devil...



Spoilerwarnung für die ersten 15 Minuten

Worum geht es in Only God Forgives denn eigentlich? Nun ja, an der Oberfläche um nicht all zu viel, es geht um Julian (Ryan Gosling). Julian lebt in Bangkok, dort hat er sich eine kleine Kampfsport Schule aufgebaut, die als Umschlagsplatz für Drogen dient. Julian ist gelassen, er ist ein ruhiger Mensch, kümmert sich um das Geschäft und bleibt unauffällig, was man von seinem Bruder Billy nicht behaupten kann. Er möchte "endlich mal eine 14-Jährige ficken" so sagt er und auch sonst ist er ein ziemlicher Psychopath. So kommt es, dass er in einem Wutausbruch ein junges Mädchen tötet und mishandelt, der Vater des Mädchens nimmt Rache und tötet Billy, was einen Rachefeldzug seitens Julian und seiner Mutter nach sich zieht, in den auch ein Selbstjustiz befürwortender Ex-Polizist verwickelt ist.

Ende der Spoilerwarnung 



Im Grunde ist die Story von Only God Forgives allerdings ziemlich banal und unwichtig, Nicholas Winding Refn feiert hier Non-Mainstream Kino bis zum bitteren Ende ab. Gewöhnliche Charakterisierungen der Figuren durch Dialoge finden nicht statt, der Film ist weitestgehend stumm, Charaktere zeigen keine Emotionen, gucken starr in die Kamera, alles wirkt bizarr und falsch. Man sieht Ryan Gosling minutenlang durch Gänge wandern, Kamerafahrten durch Bangkok und Gewalt. In Only God Forgives werden keine echten Menschen gezeigt, Winding Refn versucht durch Stimmungen den Figuren Charakter zu verleihen, so zieht sich durch den gesamten Film ein unwirklicher Neonlook, Farben verraten uns mehr über die einzelnen Personen. Während Ryan Gosling meist in einem Blauen licht zu sehen ist, wird der Ex-Polizist eher in einem rötlichen Umfeld dargestellt. Das wird alles nicht ohne Grund sein, Winding Refn ist ein schlauer Mann, alles hat seinen Zweck in seinen Filmen. Wer nach Drive, auch mit Ryan Gosling in der Hauptrolle, einen ähnlichen Film erwartet hat, wird schockiert sein und am Boden der Tatsachen zerschellen. Kein cooler Gosling, kein cooler Soundtrack der sich in das Ohr des Zuschauers frisst, keine wirkliche Story. Only God Forgives ist dreckig, ultrabrutal, rau und bizarr, alles wirkt im Neonwahn sehr unwirklich und verrucht, es macht wirklich keinen Spaß diesen Film zu sehen.

Und doch ist er irgendwie hoffnungsvoll, steht für eine höhere Idee oder doch nicht? Only God Forgives ist schwer zu analysieren, Filmwissen, Literatur oder Thai-Kenntnisse können helfen, werden vermutlich aber auch nicht ermöglichen den Film ganz zu begreifen. Zweimal sehen ist bei Refn anscheinend Pflicht. Der Film entlässt einen leer und verwirrt, er schreit förmlich danach verstanden zu werden.



Aber Only God Forgives ist vor allem ein Erlebnis, wann schafft es schonmal ein solcher, den Mainstream verabscheuende Film in die hiesigen Kinos. Ich saß mit 4 weiteren Leuten im Kino: Zwei Studenten und zwei Hausfrauen die offensichtlich Ryan Gosling süß fanden. Kurz vor dem Film kicherten sie noch vergnügt und bestaunten den Trailer zum zweiten Teil von Der kleine Hobbit. "Die Technik heutzutage ist sehr beeindruckend, ich bin immer wieder beeindruckt" schnöselte die eine, die andere knabberte an ihren Nachos und verkroch sich derweil in ihrem Schal. Langnese Werbung, gibts auch hier im Kino, darauf verdunkelte sich der Saal. Sichtlich verdutzt von den thailändischen Zeichen auf der Leinwand gucken die beiden sich an, sind aber noch frohen Mutes. Rayan Gosling erscheint, wie wild fangen beide an zu tuscheln. 10 Minuten später verlassen beide den Kinosaal, nichtmal die Nachos und die Cola nehmen sie mit. Ein Erlebnis. 


 
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