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Samstag, 31. August 2013

Ich glaube ich brauche euch allen nicht zu erklären, dass wir von "Zu Anarchie sagt keiner Nein", regelrechte Verfechter der Filmkunst des Uwe Boll's sind. Wir haben Uwe Boll wirklich lieb. Uwe Boll ist Anarchie in seiner reinen Essenz. Seine Filme sind durchweg ein Bollwerk der guten Unterhaltung - zumindest mit Bier. Unvergessen ist beispielsweise der Audiokommentar zu "Alone in the Dark", in dem der Herr Filmemacher einfach mal die Aufnahme verlässt und mit seinem Hund spazieren geht oder das eine oder andere Wörtchen über Rumänen verliert. Höhepunkt seiner Kariere ist wohl das KZ-"Drama" Auschwitz, in dem Boll sich selbst zum Nazi degradiert. Abgesehen von seinen filmischen Leistungen muss ich aber sagen, dass ich Uwe Boll als Person wirklich schätze. Es gibt nicht viele Personen in der Öffentlichkeit, die so Klartext reden wie Uwe Boll. Fuckt ihn etwas ab, dann kann man sicher sein, dass er das auch zur Sprache bringt. Grandios und unvergessen ist auch seine Idee gewesen, einfach gegen seine Kritiker in den Boxring zu steigen und dort die Meinungsverschiedenheiten aus der Welt zu prügeln. Boll gewinnt im Ring. Auch wenn seine Filme in meinen Augen einfach nicht gelingen wollen, eine sympathische Persönlichkeit ist Herr Boll immerhin.


Was in den letzten Tagen allerdings passiert ist, setzt der Boll´schen Dekadenz die Krone auf. Doktor Uwe Boll möchte Postal 2 drehen, was nicht so abwegig erscheint, gilt Teil 1 doch als einer der besten Boll Filme. Das allein ist aber nicht die News, Uwe möchte, dass ihr seinen Film bezahlt und geht mit seiner Idee auf Kickstarter. 500.000$ möchte Uwe haben, um endlich die Fragen zu beantworten, die alle Individuen auf diesem Planeten um den Schlaf bringen. Ich zitiere aus der offiziellen Meldung:

"POSTAL 2 will finally destroy the filmindustry and the world we are living in. We could name the movie also HONEY BOOBOO must die ....but so many people deserve to die. Why starting with a child? Did Osama die? We know. And why the Navy Seals were too stupid to land a helicopter on a free field? Why did Building 6 collapse? We explain. Why is Obama is like Bush? We show you."

Wer wollte das nicht schon immer wissen? Ein Großteil der Menschheit vermutlich, aber das tut ja nichts zur Sache. Klar, der Film soll ironisch, lustig und vor allem kontrovers werden, aber das klappt in diesem Fall mal so gar nicht. Ich fühle mich wirklich für dumm verkauft, so plump und gehirnfremd sind die Menschen nicht Herr Boll! Das ganze Projekt wirkt wie eine fixe Idee: Tags drauf hat unser Uwe vermutlich einen über den Durst getrunken und dachte sich: Postal 2 wäre doch ne knorke Idee. So wurde das Projekt und die Bitte nach Geld höchstprofessionell so unprofessionell wie möglich gefilmt, man kann sogar noch hören, wie die Frau hinter der Kamera Uwe sagt, dass er jetzt anfangen könne zu sprechen. Das ist wie schwimmen zu wollen ohne Arme und Beine zu benutzen, mit Glück kann man sich treiben lassen, mit Glück fließt Geld in die Kassen. Früher, so scheint es mir, war Herr Boll immer ganz heiß auf sein nächstes Projekt, war Feuer und Flamme, stand da voll hinter. Das fand ich so sympathisch: Auch wenn ich seine Filme nicht mochte, konnte ich seiner Leidenschaft etwas abgewinnen. Er war in etwa so, wie ein moderner Ed Wood. Wenn die Leidenschaft stimmt können Filme auch gerne schlecht sein, aber was ich hier und in den letzten Filmen unseres Lieblingsregisseurs so gesehen habe, lässt diese These dann doch nicht zu. Vielleicht hat Uwe Boll auch einfach den Drive verloren, ich meine es ist kein Geheimnis, dass viele ihn als schlechtesten Regisseur aller Zeiten sehen - was er definitiv nicht ist, man überspitzt halt gerne. Habt ihr mal Rennschwein Rudi Rüssel 2 - Rudi rennt wieder gesehen? Mir kam es aber immer so vor, als würde er diese Vorwürfe ganz gut verkraften und einfach nicht beachten, sein Ding weiter machen. Die aktuelle Kickstartergeschichte ist aber einfach der Gipfel der Peinlichkeit, da kann man nicht mehr argumentieren. Wenn Boll seine Zuschauer für dumm hält, haben diese ebenfalls das Recht dazu.


Aber vielleicht seht ihr das ja anders, dann könnt ihr den Film unterstützen. 57 Tage habt ihr noch, um Uwes nächstes Projekt zu ermöglichen. Wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass 500.000$ da wirklich reichen. Egal. Wie immer gibt es bei Kickstarter Goodies, je mehr ihr spendet, je mehr bekommt ihr. Für 5$ gibt es einen Newsletter (holyfuckinshit), ob der auch von Uwe selbst geschrieben wird ist nicht bekannt. Für 10$ gibt es dann das Drehbuch als PDF, kein Scherz, damit man die "Storytwists" vor allen anderen kennt, geilon. Ganze 25$ verschaffen euch eine digitale Kopie des Films, für 50$ gibt es ein T-Shirt. Bei 200$ werdet ihr nach L.A. eingeladen, um den Film vor allen andern sehnsüchtig Wartenden zu sehen - Flug, Hotel und alles andere bezahlt ihr natürlich selbst. Richtig lockere Brieftaschen können dann noch selbst im Film mitspielen oder gar Executive Producer werden.

Also pledgen, pledgen, pledgen!


Mittwoch, 28. August 2013

Ok, Jungs und Mädels, ihr habt jetzt genau 3 Möglichkeiten:

  1. Ihr seid filmbegeistert und lest jetzt direkt weiter, yay
  2. Ihr seid nicht filmbegeistert, seid aber für alles offen, dann dürft ihr auch lesen
  3. Die Putzenfraueninsel und die Fast and the Furious Filme sind eure absoluten Favorites? Michael Bay ist ein absoluter Regie-Gott für euch? Till Schweiger würdet ihr am liebsten heiraten oder für ihn die sexuelle Gesinnung ändern? Dann verlasst bitte diesen Blog, ich sag's euch auch gerne so wie's ist ins Gesicht: Ich mag euch ganz einfach nicht. Jaja, von so einem "Kultur-Bullshit" kann man doch nicht auf den Charakter schließen sagt ihr, aber hey, ihr sprecht mit einem Kulturwissenschaftler, was erwartet ihr? Ihr würdet doch sogar zu Anarchie nein sagen, ihr alten Rebellen.
Da ihr doch tatsächlich weiter lest, muss ich davon ausgehen, dass ihr das Auswahlverfahren überstanden habt. Herzlichen Glückwunsch, euch hab ich eh am liebsten. Jetzt aber zum eigentlichen Thema und das ist nicht leicht abzudecken. Haltet eure Kinder, Tk-Pizzen und Hühnerkäfige fest, es geht schlicht um den größten Regisseur unser Zeit:


Paul Thomas Anderson - Eine Werkschau



Paul Thomas Anderson wurde 1970 in Studio City, Kalifornien geboren. Wie passend. Als Sohn eines Synchronsprechers und Schauspielers kam PTA bereits früh mit dem Medium Film in Berührung, sein Vater Ernie schenkte ihm mit 12 Jahren die erste Kamera. PTA schmiss nach 2 Tagen Filmstudium in New York, gewann im Glücksspiel mit dem Geld seiner Freundin und bekam 10.000$ von seinem Vater. Aus dem Geld wurde ein Kurzfilm, der Tor und Tür öffnen würde und Cigarettes & Coffee hieß. Danach gings so richtig los: Last Exit Reno, Boogie Nights, Magnolia, Punch-Drunk Love, There will be Blood und zuletzt The Master. Was für eine Filmografie. Extrem langweilig wäre jetzt alle Filme durchzugehen, darum mache ich das jetzt auch.

Last Exit Reno:


Neben The Master der einzige Film von PTA, der von mir noch nicht gesichtet wurde, habe gerne solche Sicht-Lücken in der Filmographie eines Regisseur. Zu diesem seltsamen Tick vielleicht an anderer Stelle mehr. Wenn ich den Film gesehen habe gibt es einen Nachtrag, versprochen.


Boogie Nights:


Boogie Nights ist Paul Thomas Adersons großer Durchbruch geworden, bereits 1988 nahm er die Story rund um die fiktive Pornolegende Dirk Diggler auf Video auf, brachte sie dann aber mit Boogie Nights 1997 schlussendlich auf die große Leinwand. Der Cast ist unglaublich, wie er den zu der damaligen Zeit zusammengebracht hat, ist schlichtweg beeindruckend. Mark Wahlberg, William H. Macy, Philip Seymour Hoffman, John C. Reilly und Burt Reynolds spielen alle in dem familiären Film über die Pornobranche der Siebziger und Achtziger mit. Familiär trifft es da richtig gut, in dem fast dreistündigen Zeitporträt werden denkende und fühlende Menschen charakterisiert, es gibt kaum schwarz/weiß, die gängigen Cliches über die verruchte Branche werden zwar teilweise abgeholt, aber auch aus anderen Perspektiven betrachtet und das macht diesen Film so toll. Reynolds Charakter Jack Horner ist wie ein Vater für den orientierungslosen Eddie bzw. Dirk Diggler, wie er sich selbst nennt. Dirk Diggler, diesen Namen möchte er ganz nach dem Pokemon-Motto in die ganze Welt tragen - Er möchte der größte Porno-Star aller Zeiten werden, wie keiner vor ihm war! In großen, neonfarbenden Lettern soll dieser Name die Stadt erleuchten. So wird der wirklich noch jung aussehende Mark Wahlberg mehr und mehr in die Branche hereingezogen und auch der Zuschauer lernt die Industrie immer besser kennen, leidet sogar mit der Gruppe um Jack Horner und seinem Star Dirk Diggler mit. Alle scheinen treudoof und sympathisch, sie sind wie ganz normale Menschen - nur mehr porno. Aber nicht nur Dirk hat einen Traum auch Jack hat Ziele gesetzt:
 „But I don't want to make a film where they show up, they sit down, they jack off, and they get up and they get out before the story ends. It is my dream, it is my goal, it is my idea to make a film where the story just sucks them in. And when they spurt out that joy juice, they've got to just sit in it. They can't move until they find out how the story ends. You know, I want to make a film like that. And I understand, they have to make films...I've made them myself, you know where there's a few laughs, everyone fucks their brains out. And that's fine. But it's my dream to make a film that is true and right and dramatic." 


Von diesen liebevoll geschriebenen Charakteren gibt es dutzende in Boogie Nights, jeder hat seine kleine Geschichte, jeder hat seine Motivationen, kein Charakter wurde einfach ins Drehbuch gerotzt, alle gehören in den Film. Das hat eine Menge Charme, davon lebt der Film. Für jeden Charakter und seinen Leidensweg wird in den 149 Minuten Spielzeit Platz eingeräumt, jeder darf Rampenluft schnuppern. Ebenfalls beeindruckend ist Boogie Nights von seiner technischen Seite, besonders von der Kamera her. Herzstück des Films sind die nie enden wollenden Plansequenzen auf Jack Horners Anwesen. Die Partys werden so perfekt in Szene gesetzt, keine Verbesserungen sind mehr möglich. Jeder Charakter bekommt in diesen Kamerafahrten seinen eigenen Raum, alle sind präzise auf einander abgestimmt. Auch sonst ist die Kamera wie in allen PTA Filmen unglaublich toll, ist immer genau dort wo sie sein sollte, fängt den Charme, Flair und die Aussagekraft einer Szene unglaublich detailverliebt ein. Verewigt werden diese zauberhaften Bilder in PTA's Filmen immer von Robert Elswit, der für There will be Blood endlich seinen ersten Oscar bekam. Kameramänner kennt man ja eher weniger, aber Robert Elswit ist neben Emmanuel Lubezki (Children of Man) ein Name, der sich zu merken lohnt.

Kubrick lässt grüßen - dazu aber mehr bei There will be Blood


Boogie Nights ist aber mehr als ein Zeit- oder Branchenportrait, es ist eigentlich eine Hommage an den Film selbst und an das Filmemachen. Das Bild des klassischen Regisseurs wird auf den hoffnungslos in der Pornobranche verlorenen Regisseur Jack Horner projiziert. Jemand der Ambitionen und Visionen hat einen Film zu machen, der die Leute berührt, der sein Publikum zum Nachdenken und Reflektieren bringen will. Er versagt allerdings immer wieder, weil er nicht aus seinem Kosmos, der Pornobranche, ausbrechen kann. Er will die Filmwelt umkrempeln und begeistern, wird dieses aber niemals schaffen, da sein Publikum eigentlich keine Veränderung haben möchte, sondern sich schlicht befriedigen will. Genau so verhält es sich auch in der echten Welt, gerade so jemand junges wie ein Paul Thomas Anderson möchte neue Ansätze von Filmen bieten, möchte revolutionieren, muss aber feststellen, dass die meisten Menschen das absolut nicht interessiert, die möchten immer mehr Bombast und schnelle Fast Food Filme haben. Keine Zeit verschwenden. So muss auch er immer wieder scheitern und kann die Massen nicht begeistern. Auch er ist gefangen und kann als kleiner unbedeutender Regisseur, der noch am Anfang seines Schaffens steht, seine Ketten nicht zerstören, seinen kleinen Kosmos nicht verlassen, auch wenn er es wollte. Diese Tragik sieht die Masse nicht und das macht sie und Boogie Nights so herzzerreißend schön.

Magnolia


Für viele das Prunkstück in Paul Thomas Andersons Filmografie. Es ist schon etwas her, dass ich den gesehen habe, also verzeiht mir bitte kleine Fehler, ok? Cool, ihr seid die besten! Magnolia hat eine der besten Eröffnungsszenen der Filmgeschichte, Punkt. Es werden drei kleine Geschichten aus dem Off erzählt, alle scheinen die irrwitzigsten Ereignisse darzustellen, es scheint als wären alle nur ein unglaublicher Zufall. Dem widerspricht die Stimme aus dem Off allerdings: „Nein, dies war kein purer Zufall. Solche eigenartigen Sachen passieren andauernd", mit dieser merkwürdigen Aussage wird man dann in den Film entlassen, der rein gar nichts mit diesen drei Geschichten zu tun hat. 3 Stunden lang, der Film ist sehr lang, weiß man dieses scheinbare Orakel auf die Geschehnisse des Films nicht einzuordnen. 3 Stunden lang schwebt dieser Satz vor deinem inneren Auge. Nach 3 Stunden macht es dann Klick. Alles löst sich auf, alles ergibt Sinn, alles verschmilzt.


Magnolia könnte man eigentlich als Episodenfilm bezeichnen, Hauptdarsteller gibt es nicht, Helden fehlen. Dafür gibt es ein riesiges Roster an liebevoll gezeichneten Charakteren, die alle versuchen ihr Leben zu führen. Dieses Spektrum reicht von Philip Seymour Hoffman (Spielt bis auf There will be Blood in jedem PTA-Film mit), der einen privaten Krankenpfleger für einen im Sterben liegenden Mann spielt, über einen kleinen Jungen, der ein absoluter Quiz-Show Crack ist und immer wieder den großen Jackpot nach Hause holt, bis zu einem exzentrischen Tom Cruise, der fast so verrückt wie der echte Tom Cruise erscheint. Wie gesagt es gibt noch ein knappes Dutzend andere Charaktere, die quasi alle einen eigenen Film füllen könnten. Zunächst scheinen alle Leben separiert voneinander, das ändert sich allerdings noch im Laufe des Films.



Magnolia zeigt eine der ganz großen Stärken PTA's auf: Er ist einfach ein verdammt guter Geschichtenerzähler und er hat alle seine Charaktere lieb, kümmert sich um sie. Das machen leider nicht die meisten Regisseure, viele Nebendarsteller werden nicht Ernst genommen, bekommen keine Backstory, sie sind Mittel zum Zweck, sie sind Beiwerk. Anders bei PTA, er weiß genau wie wichtig es ist, dass jede Figur einen Charakter hat und eben nicht nur Hüllen sind, die zur nächsten bombastischen Actionsequenz leiten sollen. Auch das 'Event' in Magnolia wird so liebevoll und detailreich inszeniert, über den gesamten Film hinweg gibt es unzählige Hinweise auf das Ereignis, dass alles und jeden verbindet. Paul Thomas Anderson liebt seine Filme, das merkt man einfach.  



Punch-Drunk Love:



In diesem Film wird das Unmögliche möglich gemacht. Es ist so als wenn man ein Perpetuum Mobile bastelt und mit der Energie eine Maschine baut, die Pi komplett ausschreiben kann. In diesem Fall ist PTA das Perpetuum Mobile und Adam Sandler Pi. PTA bringt in Punch-Drunk Love den guten Adam doch tatsächlich zum ersten und vermutlich letzten Mal in seinem Leben zum Schauspielern und das sogar verdammt gut. Kein Scherz. In Punch-Drunk Love geht es um den kleinen Unternehmer Barry Egan, der, ja was ist das überhaupt, so komische Dingens verkauft halt und das läuft sogar scheinbar erfolgreich. Da gibt es allerdings ein Problem in Barrys Leben: Er ist sozial komplett inkompetent. Ufern Situationen aus, läuft sein Fass über, dann rastet Barry vollkommen aus und schlägt wirklich alles was vor seine Augäpfel tritt zu Brei. Er muss dann einfach alles zerstören, vernichten, zermahlen. Dazu kommen dann noch Barrys  sieben (!) unglaublich nervigen Schwestern, die ihn unbedingt verkuppeln wollen, was Barry zunächst nicht sonderlich gefällt. So trifft er aber auf Lena, gespielt von Emily Watson. Mit der Zeit entwickelt sich zwischen den Beiden eine unglaublich kitschfreie Liebesgeschichte. Hinzu kommt dann noch, dass Barry Probleme mit einer Sex-Hotline hat, die er in Anspruch genommen hat, er würde denen Geld schulden. Der unglaublich experimentelle, aber trotzedem fantastische, Soundtrack treibt Situationen auf die Spitze, besonders eine der markantesten Szenen. Wenn Barry wutentbrannt und mit den Nerven am Ende, den Betreiber der Hotline sprechen will, der abermals gespielt wird von Philip Seymour Hoffman. 



Das Drehbuch, welches übrigens auch von PTA verfasst wurde, ist so feinfühlig und erfrischend. Der Film wirkt durch seine Bilder und seinen Soundtrack beinahe ein wenig sureal, aber trotzdem scheint alles möglich und plausibel. Das könnte alles so passiert sein, aber irgendwie auch nicht. Ganz großes Kino, Punch-Drunk Love ist neben 'Eternal Sunshine of the Spotless Mind' einer der besten Liebesfilme, die es gibt. Besonders zum Ende des Films gibt es eine Szene zwischen Sandler und Hoffman, die so intelligent und feinfühlig gestaltet ist, dass sie ohne Probleme eine der markantesten Filmszenen des letzten Jahrzehnts ist, meiner Meinung nach versteht sich. Solltet ihr außerdem einen Faible für Pudding haben, wird Punch-Drunk Love sowieso euer Lieblingsfilm sein.





There will be Blood:


PTAs Mammutwerk, einer der besten Filme der letzten Dekade, vielleicht sogar der beste Film. In dem Film geht es um den Aufstieg und Fall des Daniel Plainview, gespielt von einem unvergleichlichem Daniel Day-Lewis, einer der besten schauspielerischen Leistungen der Filmgeschichte. Es geht um den Machtkampf zweier Männer, die so verschieden nicht seien könnten. Ich denke den Film werden alle, die so weit in diesem Artikel gekommen sind, auch gesehen haben, daher verliere ich keine Worte mehr zum Inhalt und stelle eine sehr gewagte These. Paul Thomas Anderson ist der neue Stanley Kubrick, der Kubrick unser Generation. Jetzt habe ich's gesagt. Kubrick ist tot, das ist scheiße. Wenn's einem vergönnt gewesen wäre noch ein paar weitere Jahre auf dieser Erde zu wandeln, dann Kubrick. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er in dieser Zeit zu aller erst einen Film gedreht hätte, denn das war sein Leben. Ein Leben für den Film. Seinen letzten Film Eyes Wide Shut konnte der Meisterregisseur nichtmal komplett vollenden, kurz vor Ende des Schnitts starb er überraschend an Herzversagen. Schaut man zurück hat Kubrick nie das Gleiche gemacht: Einen Liebesfilm, eine Komödie, den prägendsten Science Fiction Film der Geschichte, einen Film über die Jugend, einen Horrorfilm, einen Historienfilm, einen Kriegsfilm und in gewisser Weise auch einen Porno. Auch PTA verirrte sich bisher nie in die selben Gefilde: Zeitporträt, "Episodenfilm", Liebesfilm, fiktives Biopic. Kubrick ist bekannt für eine perfekte Verbindung aus Musik, Bild und die Unvollkommenheit der Menschen. Jeder Frame in Kubrick's Barry Lyndon könnte beispielsweise ein Gemälde sein, jede Einstellung ist perfekt durchkomponiert und so verhält es sich mit allen Filmen Kubrick's. Bei Paul Thomas Anderson sehe ich dieses Perfektions-Gen auch. Alles stimmt in seinen Filmen einfach, jede Perspektive hat einen Sinn, nichts Geschieht aus Zufall. Magnolia lässt schön grüßen. Sowas ist schwer zu beschreiben, aber ich glaube ihr wisst wovon ich spreche. Ich meine schaut euch diese Szene aus There will be Blood an, man könnte sie fix einrahmen und dann auf einer Kunstauktion für mehrere Millionen versteigern lassen.




Jetzt wird's allerdings abgedreht, so verrückt sich das jetzt auch anhört: ich sehe in There will be Blood eine Hommage an Kubrick's Werk und besonders an '2001 - A space Odyssey'. Jetzt dreht der Junge völlig durch, lasst mich mal bitte erklären. Gleich die erste Szene ist so unverkennbar 2001, das kann man gar nicht übersehen. Die Kamera blendet auf eine karge Wüstengegend, alles ist trocken und staubig, im Hintergrund spielt eine schrille Geräuschabfolge, die frappierend an György Ligeti's verstörende Klänge in 2001 erinnern. Die Szenerie wirkt unglaublich bedrohlich, obwohl sie es eigentlich gar nicht sein dürfte. In der kompletten, fast fünfzehnminütigen Eingangssequenz wird kein Wort gesprochen, alles genauso wie in 2001. Wenn ich jetzt weiter phantasiere könnte ich noch sagen, dass der Bohrturm von seiner Form her den berühmten Monolithen darstellen könnte und Daniel mehrmals zu einer höheren Existenz katapultiert, aber das könnte auch nur eine fixe Idee von mir sein. Generell haben mich viele Einstellungen an Kubrick's SciFi-Offenbarung erinnert, aber wirklich erklären warum, kann ich das nicht. Guckt den Film einfach mal mit dem Gedanken im Hinterkopf, andere Meinungen würden mich interessieren. Die letzte Szene von There will be Blood erinnerte mich dann übrigens extremst an The Shining: Die Symmetrie der Bowlingbahn, die karge Ausstattung und Daniels Wutanfall, ich sah darin unverkennbar The Shining. Diese Spekulationen kommen übrigens nicht komplett aus dem Nirgendwo, PTA selbst ist riesiger Kubrick-Fan und hat den Meister des Films sogar einmal persönlich getroffen.



Um jetzt doch noch 1-2 Worte zu There will be Blood oder TwbB, wie wir Cool-People sagen, zu verlieren: Dieser Film ist nahezu perfekt. Daniel Day-Lewis spielt sich die Seele aus dem Leib, die Kameraarbeit ist außerordentlich und der Soundtrack ist verstörend-stimmig. Wenn Daniel Plainview weinend aber auch hasserfüllt der gesamten Gemeinde beichtet, dass er seinen Sohn verstoßen hat, kann einem nur die Gänsehaut kommen. Diese Szene ist so feinfühlig und genau durchkomponiert. Wie Daniel exakt symmetrisch in der Mitte von Elis Kirche steht, der trotz den Widersachern von Standard Oil, sein größter Feind ist und wie Daniel in diesem Reich von Eli seine größten, ihn selbst zermürbenden Fehler beichten muss, das ist ganz großes Kino. Daran werden sich die Leute auch noch in Jahrzehnten erinnern. Der Machtkampf zwischen Eli und Daniel baut sich einfach so intelligent und feinfühlig auf, bis er sich dann schlussendlich fulminant entlädt, das ist meisterhaft. Um es nochmals zu wiederholen, Daniel Day-Lewis ist allgegenwärtig in diesem Film. Wenn er anfängt zu erzählen, wie es diese kleine Triebfeder in ihm gibt, die verhindert, dass er den Erfolg anderer ertragen könne und dass er die Menschen hasse, wird JEDER Zuschauer erstummen. So etwas gibt es ganz selten, so etwas wurde auch zurecht mit dem Oscar gekürt, da hatte die Academy mal einmal alles richtig gemacht.




Das war meine kleine Werkschau über Paul Thomas Anderson, sobald ich The Master gesehen habe, wird es dazu sofort einen Nachtrag geben. Der Film polarisiert doch sehr, manche sprechen von PTA's ersten großen Ausrutscher, manche von einem verkopften Meisterwerk. Solltet ihr es tatsächlich bis nach ganz hier unten geschafft haben, 20.000 Zeichen unter dem Meer, dann bedanke ich mich ganz herzlich für's Lesen, für euch habe ich immer ein Fishermans Friend in meiner Jackentasche übrig. Was haltet ihr von Paul Thomas Anderson, überschätzter "Jungspund" oder der Kubrick unserer Zeit? Würde mich echt mal interessieren, ansonsten würde ich gerne euren Lieblingsregisseur kennenlernen.

In diesem Sinne
Peace out

Freitag, 23. August 2013

Hey, Ho, Lets go to the Gamescom! Hieß es für mich dieses Jahr nicht, stattdessen vertreibe ich mir meine Zeit mit Gitarren, schmierigen Blogartikeln und gewölbten Schallplatten. Ich wäre zwar gerne, wie die anderen tausenden Verrückten durch die heiligen Hallen in Kölle gepilgert, aber das hat sich dieses Jahr nicht ergeben. So traurig das auch ist, irgendwie haben die klassischen Spielemessen ihren Glanz verloren, sind mittlerweile ganz matt. Keine Schuhcreme mehr da, aber trotzdem noch tragbar, sieht dann aber nicht mehr so gut aus, wie noch in den Jahren zuvor. Übrig geblieben sind nur noch die 3 Großen: Die Gamescom, die Tokio Games Show und die E3, das Weihnachtsfest im Sommer. Aber irgendwie läuft auch deren Motor nicht mehr so beständig wie beim Neukauf, dieses Jahr gabs nur noch 2 der eigentlich 3 traditionellen Pressekonferenzen, die man dann wie im Bann vor seinem kleinen Monitor in brüllender Hitze mitverfolgt und hofft, dass sein kleines Herz für einen Takt aufhört zu schlagen, weil ja etwas außergewöhnliches passieren könnte. Etwas worüber noch in Jahren gesprochen wird, sowas passiert heute ja auch nicht mehr.

Ein Blick zurück: 2006, ich glaube wirklich das beste Jahr, das ich erleben durfte. Ich meine überlegt mal was da alles passiert ist. Die Fußball WM demontierte die gesamte Nation, es gab Prima Wetter, die Gorillaz bringen ihr Demon Days raus, Fluch der Karibik 2 lief im Kino und im Winter kam die, die gesamte Branche erschütternde, Wii auf dem Markt. Und woher wusste der kleine Jonas das? Genau, von der damaligen E3, die war damals nämlich noch viel bedeutender als heute, so weit wie man immer glaubt, war das Internet da auch noch nicht. Youtube gibt es erst seit 2005. Erinnert sich eigentlich noch jemand an Google Video? Neuigkeiten über den heißen Scheiß in der Spielewelt gabs meist am Kiosk oder eben zur E3 im Livestream. Bewegungssteuerungen waren damals noch etwas völlig neues, da ist es kein Wunder, dass Nintendos damalige Pressekonferenz kollektiv Köpfe platzen lassen ließ, die Möglichkeiten schienen unbegrenzt. Und gleichzeitig gabs dann noch die berühmte Sony Pressekonferenz, die mitlerweile Kultstatus geniesst und sich in das kollektive Gedächtnis des Internets eingebrannt hat. Riiiiiiiiiiiidge Raaacer, die Giant enemy Crab based on history, alles Highlights der aktuellen Zeitgeschichte. Der Punkt ist, was damals auf der E3 passiert ist, ging den Leuten erstmal ein Jahr lang nicht mehr aus dem Kopf, das waren die neuen Infos, das war die Woche aus der sich der gesamte Hype eines Jahres zog. Heute gibts Livestreams und große Ankündigungen alle 2 Tage, es braucht einfach keine Messen mehr. Alles ist zu schnell geworden, man sieht sich im kleinen verregneten Autofenster sich selbst überholen. Spielemessen haben leider an Berechtigung und Exklusivität verloren, heute gibts neue Gameplay Videos zu allen Titeln an jeder Ecke, da muss man nicht extra nach L.A. fliegen. Und doch freut sich gefühlt das gesamte Interwebs auf die nächste E3 und am Ende sind dann wieder alle enttäuscht, weil es wieder keine großen Überraschungen gab.



Irgendwie ist gerade die Situation in Deutschland am paradoxesten, einmal in Jahr werden die Spiele von der gesamten Nation gefeiert, alle lieben die Gamescom. Naja, bis auf RTL vielleicht. Aber gleichzeitig ist das ach so kindische Spielen, doch nirgendwo so belächelt wie hier. Natürlich schaut Angela Merkel Filme, hört Musik oder liest ein Buch, aber Gnade dir Gott, wenn sie ein Videospiel anfassen würde. Dann kollabiert Deutschland. So was geht einfach nicht. Bullshit ist das, es kann doch nicht sein, dass in Deutschland alle so engstirnig sind. Denkt man mal genauer darüber nach, dann ist das Videospiel die logische Konsequenz von 2000 Jahren Kulturgeschichte, die Verbindung aller populären Medien, die Grenzen von Bild, Ton und Konsumenten verschmelzen. Ich glaube Leonardo da Vinci wäre Gamer gewesen.

Das ist mein Ernst.

Donnerstag, 15. August 2013


Heute tauche ich mit euch ausnahmsweise in mir völlig fremde Gefilde ein, man könnte meinen Wissenstand mit dem einer Kartoffel über die Machtverhältnisse im archaischen Griechenland vergleichen, oder man könnte einfach sagen ich bin ein scheiß Kackboon auf diesem Gebiet. Ja, es geht um einen Comic, verschnöselter gesagt um eine Graphic Novel *weinschwenk*, so nennen das nämlich die Leute, die sich zu gebildet für "Comics" fühlen. Ich habe einen Comic gelesen, wie kann das denn sein, super Story:

Ich War in einem Buchladen, da hab ich die Comic/Manga Ecke gesehen und erstmal den heißen Scheiß gecheckt, schließlich dann in den unteren Reihen einen kleinen Wälzer, mit prominent platziertem Hakenkreuz und Katzen gefunden. Gleich fasziniert, blätterte ich durch das "Buch" und stellte fest:  "Verdammt das sieht sehr interessant aus, das willst du lesen!" Ich also das Buch genommen damit nicht zur Kasse gegangen und es bei Amazon bestellt. Verrückte Welt.

Kurze Rede fast kein Sinn, bei dem Comic handelte es sich um "Maus - Die Geschichte eines Überlebenden"von Art Spiegelman welcher 1986-1991 in 2 Bändern erschien. Maus ist jetzt nicht Todtraurig oder so, aber wirklich hart, teilweise kommt man schon arg ins Schlucken und muss auch mal kurz inne halten und das bei einem Comic. Art Spiegelman erzählt keine fiktive Geschichte, es geht nicht um irgendwelche abstrusen Maus-Superhelden, sondern um die wahre Überlebensgeschichte seines Vaters Wladek, ein polnischer Jude der das Grauen von Auschwitz erleben musste und schließlich nach New York ausgewandert ist. Der Kniff der ganzen Sache: Im Comic gibt es keine Menschen,  alle Figuren werden durch Tierwesen dargestellt, die Juden sind Mäuse, die Deutschen Katzen, die Polen Schweine, Franzosen Frösche usw. Wladeks Leidensgeschichte wird allerdings nicht von A-Z heruntergebetet sondern der Comic zeigt im Grunde wie der Comic entstanden ist, ähnlich wie Adaption, nur nicht so abgedreht. Art Spiegelman zeichnet sich selbst, wie er seinen Vater über das erlebte Grauen immer weiter ausquetscht und wie er sich mit den Folgen des KZ zurechtfindet. Das passiert alles sehr subtil und drängt sich auch nicht in den Vordergrund. Diese Mechanik führt teilweise zu unglaublich selbstreferrenziellen Situation, Schwarz/Weiß Malerei gibt es nicht, Art selbst und auch Wladek werden keineswegs als perfekte Menschen dargestellt, sondern als Lebewesen mit Ecken und Kanten, die auch schon mal rassistisch werden können, trotz ihrer Vergangenheit. Das ist toll, dadurch wirkt alles unglaublich authentisch.


Der Comic ist in 2 Bände unterteilt: "Maus I - Mein Vater kotzt Geschichte aus" und  "Maus II - Und hier begann mein Unglück". Es gibt keine Farben, alles ist Schwarz und Weiß gehalten und mit einfachen Zeichnungen bebildert. Und trotz dieser, eher schlichten Bilder wirkt alles schonungslos hart. Was Wladek Spiegelman erlebt haben muss ist wirklich unbeschreiblich, ich glaube wenn man die Momente in denen er es fast nicht geschafft hätte zusammenzählt und sie einem schlauen Menschen, vorzugsweise einem bärtigen Mathematiker, zeigen würde, müsste dieser zweifelsohne bescheinigen, dass die Überlebenschancen gleich 0,00 gewesen sind. Dazu möchte ich auch gar nicht viel schreiben, das kann ich nicht, das ist echt nicht leicht. Mit solchen Forderungen sollte man ja eigentlich vorsichtig sein, aber in diesem Fall sage ich euch, besorgt euch den Comic und lest ihn sachte durch, den sollte man wirklich gelesen haben. Auch wenn das Thema schon unendliche Male in Film und Funk durchgekaut wurde, ist Maus in dieser Hinsicht anders. Filme wie Der Pianist oder Schindlers Liste sind gut und auch wichtig, aber Maus hat irgendwie etwas schonungslos ehrliches, während man bei gerade genannten Werken merkt, dass es schon Grenzen in der Produktion gab. Lest es bitte, es ist es wirklich wert.

Maus hat übrigens als erster Comic überhaupt den Pulitzer-Preis gewonnen.

Donnerstag, 8. August 2013

Na du kleiner Cineast, schonmal einen David Lynch Film gesehen? Fandest du ganz schön surreal, was? Jazz Musiker, Rammstein und ganz ganz komische Menschen, wie? Hast du schonmal einen Winding Refn gesehen? Walhalla Rising oder sagen wir sein neustes Machwerk Only God Forgives, nein? Na mein Freund, das ist Surrealismus. Herzlich Willkommen in der abgefuckten Neonwelt von Only God Forgives, time to meet the devil...



Spoilerwarnung für die ersten 15 Minuten

Worum geht es in Only God Forgives denn eigentlich? Nun ja, an der Oberfläche um nicht all zu viel, es geht um Julian (Ryan Gosling). Julian lebt in Bangkok, dort hat er sich eine kleine Kampfsport Schule aufgebaut, die als Umschlagsplatz für Drogen dient. Julian ist gelassen, er ist ein ruhiger Mensch, kümmert sich um das Geschäft und bleibt unauffällig, was man von seinem Bruder Billy nicht behaupten kann. Er möchte "endlich mal eine 14-Jährige ficken" so sagt er und auch sonst ist er ein ziemlicher Psychopath. So kommt es, dass er in einem Wutausbruch ein junges Mädchen tötet und mishandelt, der Vater des Mädchens nimmt Rache und tötet Billy, was einen Rachefeldzug seitens Julian und seiner Mutter nach sich zieht, in den auch ein Selbstjustiz befürwortender Ex-Polizist verwickelt ist.

Ende der Spoilerwarnung 



Im Grunde ist die Story von Only God Forgives allerdings ziemlich banal und unwichtig, Nicholas Winding Refn feiert hier Non-Mainstream Kino bis zum bitteren Ende ab. Gewöhnliche Charakterisierungen der Figuren durch Dialoge finden nicht statt, der Film ist weitestgehend stumm, Charaktere zeigen keine Emotionen, gucken starr in die Kamera, alles wirkt bizarr und falsch. Man sieht Ryan Gosling minutenlang durch Gänge wandern, Kamerafahrten durch Bangkok und Gewalt. In Only God Forgives werden keine echten Menschen gezeigt, Winding Refn versucht durch Stimmungen den Figuren Charakter zu verleihen, so zieht sich durch den gesamten Film ein unwirklicher Neonlook, Farben verraten uns mehr über die einzelnen Personen. Während Ryan Gosling meist in einem Blauen licht zu sehen ist, wird der Ex-Polizist eher in einem rötlichen Umfeld dargestellt. Das wird alles nicht ohne Grund sein, Winding Refn ist ein schlauer Mann, alles hat seinen Zweck in seinen Filmen. Wer nach Drive, auch mit Ryan Gosling in der Hauptrolle, einen ähnlichen Film erwartet hat, wird schockiert sein und am Boden der Tatsachen zerschellen. Kein cooler Gosling, kein cooler Soundtrack der sich in das Ohr des Zuschauers frisst, keine wirkliche Story. Only God Forgives ist dreckig, ultrabrutal, rau und bizarr, alles wirkt im Neonwahn sehr unwirklich und verrucht, es macht wirklich keinen Spaß diesen Film zu sehen.

Und doch ist er irgendwie hoffnungsvoll, steht für eine höhere Idee oder doch nicht? Only God Forgives ist schwer zu analysieren, Filmwissen, Literatur oder Thai-Kenntnisse können helfen, werden vermutlich aber auch nicht ermöglichen den Film ganz zu begreifen. Zweimal sehen ist bei Refn anscheinend Pflicht. Der Film entlässt einen leer und verwirrt, er schreit förmlich danach verstanden zu werden.



Aber Only God Forgives ist vor allem ein Erlebnis, wann schafft es schonmal ein solcher, den Mainstream verabscheuende Film in die hiesigen Kinos. Ich saß mit 4 weiteren Leuten im Kino: Zwei Studenten und zwei Hausfrauen die offensichtlich Ryan Gosling süß fanden. Kurz vor dem Film kicherten sie noch vergnügt und bestaunten den Trailer zum zweiten Teil von Der kleine Hobbit. "Die Technik heutzutage ist sehr beeindruckend, ich bin immer wieder beeindruckt" schnöselte die eine, die andere knabberte an ihren Nachos und verkroch sich derweil in ihrem Schal. Langnese Werbung, gibts auch hier im Kino, darauf verdunkelte sich der Saal. Sichtlich verdutzt von den thailändischen Zeichen auf der Leinwand gucken die beiden sich an, sind aber noch frohen Mutes. Rayan Gosling erscheint, wie wild fangen beide an zu tuscheln. 10 Minuten später verlassen beide den Kinosaal, nichtmal die Nachos und die Cola nehmen sie mit. Ein Erlebnis. 


Dienstag, 6. August 2013

Erinnert sich noch jemand an den Wikinger Film von Mel Gibson? Der Wikinger Film von Mel Gibson, der in O-Ton gedreht werden sollte? Der Wikinger Film von Mel Gibson, der im O-Ton gedreht werden sollte und in dem Leonardo DiCaprio eine Hauptrolle spielen sollte? Vermutlich niemand. Das Apocalypto-Nachfolgeprojekt ist leider schon vor ein paar Jahren in der Versenkung verschwunden, da fragt man sich wirklich warum. Entweder hat Mel Gibson endgültig den Verstand verloren oder Wikinger sind einfach nicht cool genug für das Box Office. Dabei sind gerade Wikinger der Inbegriff des Mannes: Bärtige, bierliebende Seefahrer. Unverständlich das es noch keine Wikinger-Memes gibt.



Abhilfe schafft da die Serie Vikings, derzeit noch ein Geheimtipp bald sicherlich auch fester Bestandteil der Popkultur. Findige Leser haben es bestimmt schon erahnt: In Vikings geht es um Wikinger nur eben mit V geschrieben. Unser Hauptcharakter der Serie nennt sich und jetzt aufgehorcht: Ragnar Lodbrok. Ragnar Lodbrok, ein Fels von einem Namen. Und weil es so schön ist nochmal, der Hauptcharakter heißt Ragnar Lodbrok. Ragnar ist Familienvater, hat eine Tochter und einen jüngeren Sohn, außerdem hat er einen Bruder mit dem schlichten Namen Rollo Lodbrok, herrlich! Ragnars Leben ist ruhig, er hat seine eigene Hütte mit angrenzenden Bauernhof, sein Leben ist einfach. Der stolze Wikinger hat allerdings einen Traum. Jedes Jahr schickt der Earl der hiesigen Gegend die Männer auf einen großen Raubzug im Osten, um Schätze und Sklaven zu erplündern. Ragnar ist diesen immer gleichen Trott leid, er hat von einem Wanderer erfahren, dass es auch im Westen Landen gibt, die überfallen werden wollen. Passenderweise hat der Wanderer auch einen neuartigen Kompass für Ragnar, mit dem er über das offene Meer segeln könnte - könnte, denn der Earl ist von dieser Idee nicht sehr begeistert und so entbricht ein Machtkampf unter den Wikingern.



Wunderbar ist erstmal, dass Vikings ein wirklich hohes Budget hat, die Sets und Kostüme sehen unglaublich gut aus und gerade in Sachen Bartdesign haben sich die schlauen Köpfe hinter Vikings nicht Lumpen lassen. Aber was mich wirklich begeistert hat, sind die Charaktere, denn es sind wirklich Charaktere. Sehr wenig Schwarz/Weiß-Malerei. Außerdem ist Vikings schön simpel gehalten, der Fokus liegt auf wenigen, dafür ausgeschmückten Charakteren. Anders als bei Game of Thrones, wo man vor lauter wichtiger Personen schonmal leicht den Überblick verlieren kann. Toll ist auch das Tempo von Vikings, es gibt so gut wie keine Filler-Folgen, immer passiert etwas wichtiges, immer wird die Story vorangetrieben oder in neue Bahnen geworfen. Leider ist die deutsche Lokalisierung nicht zu empfehlen, die deutschen Synchronsprecher sind zwar ausnahmsweise wirklich toll, aber was ihnen dort in den Mund gelegt wird ist teilweise nicht zu ertragen und reißt einen aus der sonst so tollen Wikinger-Atmosphäre.

Immer noch nicht überzeugt? Dann schaut euch das Intro der Serie samt Titeltrack an, eines der besten Openings aller Zeiten wie ich finde. Mehr Wikinger braucht das Land!



Montag, 5. August 2013

Ahh Punk, du süßestes aller Genres, du schonungslos ehrliche Wut, du 3-Akkord-Sinfonie.
Du vermagst die Gehörgänge der Kinder, die schon immer irgendwie ein bisschen anders als der Rest waren zu verwöhnen. Am tollsten ist aber, dass gerade du in Deutschland wieder aufblühst um uns deine Meinung zu schrammeln und um die Trommelfelle der Sonntagmittagautoputzer konsequent zu zerstören. Ich habe dich ganz doll lieb.
Es ist wundervoll, zur Zeit sprießen kleine, intelligente und wutentbrannte Punkbands wie Brokkoli aus dem Boden um die Republik zu verzücken, säße ich in der Visions-Redaktion oder so würde ich vermutlich ganz reißerisch vom "NEUEN DEUTSCHEN PUNK" sprechen.

Beispiel No.1: Love A


Love A fickt gerade ein wenig die Szene könnte man sagen. Keine Band ist so klein und unbekannt und trotzdem so allgegenwärtig, egal welche Band man sich derzeit anguckt, mindestens einer aus der Band hat immer ein Love A-Shirt an, das ist nicht nur ziemlich lustig sondern auch bezeichnend. aber warum? Love A ist rotzfrech, intelligent, knackig und bringt seine Ansichten wunderbar auf den Punkt.
So beginnt die aktuelle Single Windmühlen schlicht mit den Worten

//Du wünscht dir Facetime mit Kathrin, ich wünsch mir meine Faust in dein Gesicht//

So drastisch sich das anhören mag, nichts trifft den Nagel so gut auf den Kopf wenn man erneut vor einigen Menschen in dieser Gesellschaft zu resignieren vermag. Das der weitere Text nur so vor Pathos trieft, passt da wunderbar ins Bild

//Du hast keine Ahnung wofür mein Herz schlägt!//

Mit Pathos spielen sie gerne die Jungs aus der Love Academy.
Weitere Themen ihrer Songs sind genau so alltäglich, es geht um nervige Nachbarn, Hipstertum, den Zerfall der Gesellschaft, oder einfach nur den kindlichen Besuch im Freibad

 //Fahrradschloss abgesperrt, Schülerausweis vorgezeigt, Caprisonne auf ex, Hose runter - Freibad//

Unvergessen: Der Slogan am Rande ihres ersten Albums "Eigentlich": "Deutschland muss sterben, damit wir lieben können"



Beispiel No.2: Captain PlanET


Tolle Band. Tolle Texte. Leider nicht so melodiös wie andere, aber wir sprechen hier ja von Punk, who cares. Wenn Jan über die kleinen Geschichten des Alltags so wunderschön fast schon philosophiert ist das egal

//Leben aus kleinen Dosen und dann kuscheln mit Beton, keine Ahnung wie dieser Weg nach Hause Führen soll//

 Jetzt könnte man sagen: Öhh die gibt's ja schon voll lange und so. Gefühlt startet die turbostaatige Band aus Hamburg aber erst jetzt richtig durch. Gut so. Mehr möchte ich fast nicht sagen, hört euch "Land Unter" an, lohnt sich, versprochen.

//Wie gehst du nur mit den Niederlagen um, wo üben die, die immer siegen?//


Beispiel No.3: Frau Potz


Zum Schluss gibt's noch ein richtiges Juwel zu bestaunen: Frau Potz.
Frau Potz ist gebündelte Wut, so beschreibt man es glaube ich ganz gut. Gerade pausiert die Band, ein Album haben die Husumer veröffentlicht und was für eins. Es betitelt sich wie folgt: "Frau Potz lehnt dankend ab" und das tun sie auch, Stück für Stück, Track für Track wird die ganze Gesellschaft demontiert und Sänger Felix Schönfuss ist wirklich, wirklich wütend. Alle kriegen ihr Fett weg, angefangen bei Berliner Hipstern in "Ach, Heiner", aussageloser Kleinkunst,

//Da werden Phrasen wild zusammen geklatscht und widerlich missbraucht.
Gemälde von Schimpansen werden ja auch als Kunst verkauft//

dem Spießer von Nebenan, der Ex-Freundin, der Regierung und schlussendlich in letzter Konsequenz 
auch man selbst. Ist auch der letzte Track verklungen ist man erstmal leer, es fühlt sich gut an das alles endlich mal ausgesprochen gehört zu haben, es hat schon fast etwas von Katharsis, Seelenreinigung.
Fuck ich schreib hier über eine Punk Band.
Anhören, ihr müsst es nicht mögen, das alles aber einmal gehört zu haben tut gut.



In diesem Artikel nicht Platz gefunden haben: Findus, Adolar, Marathonmann, Feine Sahne Fischfilet und die famosen Turbostaat

Edit: Und Kotzreiz ^^

Sonntag, 4. August 2013

Am Anfang der Blogossphäre stand das "Nichts". Ursuppe. Eine unerschlossene Welt voller Wunder und Magie an jeder Ecke. Doch kaum fand die Idee des Blogs Anhänger, Verfechter des Guten, sprossen Hipster wie Pilze aus dem einst so fruchtbaren Boden. Sie begannen das Internet mit ihren Blogs über Spiegelreflexkameras und Fashion-Victims zu überschwemmen und natürlich behauptete jeder er habe den ersten Blog erschaffen, er sei der Beste, er sei der Heilsbringer. Doch all das war nur Schall und Rauch und die Keimscheibe der Millionen und Abermillionen Blogs konnten nie die Erwartungen ihrer Besucher erfüllen. Und so wartete die Menschheit Myriaden von Jahren voller Hoffnung auf den einen, den einzigen, den wahrhaftigen, den legendären Blog. Sie warten auf den Blog der das Unmögliche nicht nur angeht, sondern daran vorbeizieht und zwar bis dorthin wo das Unmögliche und das Mögliche zusammenkommen und zum Vermöglichbaren werden.

Nun, da wir mit billigen Zitaten und schlechtem Hipster-Bashing eure Aufmerksamkeit erlangt haben, hat das Warten ein Ende. Es ist soweit. Der eine, einzige, wahrhaftige, legendäre Blog auf den alle Welt gewartet und gehofft hat ist nun endlich da.
Willkommen bei "Zu Anarchie sagt keiner Nein"!


Die Gründerväter unterschreiben die Anarchismuserklärung





Zu Anarchie sagt keiner nein - Wir heilen sogar Krebs




Dieser Blog ist viel mehr als nur ein Blog auf dem über Technik, Mode, Filme, Essen, Politik, und viele andere belanglose Dinge geschrieben wird. Er ist auch nicht nur eine Webseite auf der zwei Lappen ihre Meinung zu allerlei Themen raushauen. Nein, er vereint all diese Dinge, alle Wünsche und Hoffnungen der Blogossphäre, ja sogar der Menschheit um deren Mittelpunkt zu werden, zum absoluten Op(t)i(m)um des Blogs.

Be afraid! Be very afraid!
 
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