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Dienstag, 2. September 2014

"Du musst dir Bob Dylans 'Desolation Row' anhören, ich hab selten so einen simplen und dennoch komplexen Song in meinem Leben gehört. Ich hab noch Stunden über den Text nachgedacht." - "Cool, gibt's den auch bei Spotify?"



Nein, Nein, Nein möchte ich schreien, während es mich innerlich zerreißt, obwohl ich mir sicher bin, dass es dieses Meisterwerk auch bei Spotify zu finden gibt. Wie eigentlich alles. Mit einem einzigen Klick. Klick."They're selling postcards of the hanging, they're painting the passports brown..." Klick. "Hello, I've waited here for you - Everlong. Tonight, I throw..." Klick. "I ain't happy, I'm feeling glad. I got sunshine, in a bag." Natürlich leben wir mittlerweile in einer schnelllebigen Welt. Die Welt hat sich weiterbewegt, wir rasen mit 200 Km/h über die Autobahn, wir essen, wir arbeiten, konsumieren und wir essen wieder. Das Internet hat uns näher zusammengebracht und diesen 200 Km/h noch einmal 20 draufgelegt. Die musikalische Inflation, die, wie es mir scheint, mit dem Aufkommen der Musikstreaming-Dienste erst so richtig in Fahrt gekommen ist, bricht mir aber jeden Tag erneut mein Herz. Mir geht es dabei ausnahmsweise nicht einmal um die Künstler, die ohne unzählige Liveauftritte am Hungertuch nagen würden. Denn mit CDs lässt sich heutzutage einfach kein Geld verdienen und mit Spotify, Rdio, Ampya und Co. noch weniger.

Mein Problem mit den Streaming-Diensten ist eher künstlerischer Natur, denn mir kommt es mehr und mehr so vor, als würde Musik in unser Gesellschaft an Wert verlieren. Ein bisschen 'Daft Punk' hier, ein wenig 'Lana Del Ray' dort und auf der Party tanz ich dann zu den angesagtesten Beats. Dagegen ist nichts einzuwenden, das Problem ist, dass Musik mehr und mehr zur Mode wird. Natürlich waren Musik und Modeerscheinungen schon immer stark miteinander verknüpft, ein Punker würde schließlich nicht mit Baggy und Baseball-Cap auf ein Konzert gehen, von dessen Band vermutlich nur eine Handvoll Menschen jemals überhaupt gehört hat. Es geht vielmehr darum, wie wir uns öffentlich darstellen: Hör ich einen Song, landet dieser automatisch in meinem Feed und alle meine Freunde sehen zu welchen Songs ich gerne koche oder Glühbirnen wechsle. Bin ich also lieber der beinharte Schlagerfan oder der HipHop-Experte, der jeden Sound vor allen Anderen kennt? Ich habe die Wahl, wie ich mich nach Außen präsentieren möchte. Natürlich kann man auch in den Inkognito-Modus wechseln, oder sonst was darauf geben, was die anderen von einem denken. Ich glaube aber, das tun die Meisten einfach nicht. Sehen und gesehen werden lautet die Devise, da hat sich in den letzten tausend Jahren Menschheit nicht all zu viel verändert. Und jetzt funktioniert das sogar über Musik, die man in den privatesten Situationen hört. Cool.

Bob Dylan is not amused.

Neben dieser eigenwilligen Form der Selbstdarstellung, stört es mich aber vor allem, dass Songs aus ihrem natürlichen Umfeld gerissen und in klapprige Playlists verfrachtet werden, in denen sie dann vor sich hin rotten. Viele zusammengehörige Lieder einer Gruppe werden nicht ohne Grund auf einem Album veröffentlicht und so arrangiert wie sie nunmal arrangiert werden. So können bestimmte Atmosphären erschaffen werden, Gefühle ausgedrückt, ja sogar ganze Geschichten erzählt werden. Man nehme beispielsweise das wundervolle Album 'The Downward Spiral' von 'Nine Inch Nails', darin wird die Geschichte eines psychisch gestörten Mannes erzählt, der immer weiter in den Sumpf des Wahnsinns absinkt, zum Schluss findet dieser aber vielleicht seine Erlösung. Hört man nun nur einzelne Lieder dieses Machwerks oder mischt die Reihenfolge der Tracks durch, kann man die Tragweite dieses Meilensteins gar nicht verstehen. Ein Lied muss für sich stehen, so lautet der einhellige Tenor. Ich für meinen Teil finde, das ist absoluter Schwachsinn. Klar kann ich 'Bruce Springsteens' 'Thunder Road' hören und mich in Klang und Text verlieben, alle Sachen packen und mich auf die Reise machen. In der Gemeinschaft der anderen Songs von 'Born to Run' fällt der Song allerdings nochmals viel gewichtiger aus.

Gibt mir jemand den Tipp für eine gute Band, die mir sicherlich gefallen würde, kaufe ich mir daher lieber ein ganzes Album, als Stellen bei Spotify vorzuhören und dann meine Bestellung zu tätigen. Denn seien wir mal ehrlich, diesen Spruch, dieses Argument hat schon fast jeder gebracht, kurz in einen Song reingehört und die Band dann für immer vergessen. Hat man Pech mit dem ausgewählten Song, eine langsame Stelle getroffen oder vielleicht ein Instrumental rausgepickt, obwohl man auf der Suche nach starken Texten war, ist die Geschichte mit dir und dieser Band vorbei bevor sie angefangen hat. Und für Musik darf ja sowieso kein Geld mehr ausgegeben werden, mittlerweile gehört es wohl zum Allgemeingut auf alle Songs dieses Planetens kostenlos zugreifen zu können. Bezahlt mal wieder Geld für eine Platte die euch am Herzen liegt, ich schwöre euch, wenn ihr dafür bezahlt, nehmt ihr die Musik noch einmal komplett anders wahr. Man lernt das was man hört zu schätzen. Es ist nie gut einfach alles zu haben, sei es Geld, Macht oder eben Musik. Irgendwann wird es an Wert verlieren, Übersättigung tritt ein und lässt einen abstumpfen. Dann sind die Zeiten vorbei, als ein Horrorfilm dir noch schlaflose Nächte beschert hat, heute müssen schon Menschen verstümmelt werden, um überhaupt eine Regung aus dir zu bekommen. Spotify macht die schönsten Songs zu Massenware, macht ein Rindersteak zu Fastfood. Außerdem hören wir nicht mal mehr richtig hin, diese kostenlose Dauerbeschallung ist all die wundervollen Songs, all die leidenschaftlichen Musiker und all die gebrochenen Dichter, die mit ihrem letzten Geld ein paar Lieder aufgenommen haben, einfach nicht wert. Spotify macht taub. Spotify färbt das Herz von innen Schwarz und dann fault es.  

Donnerstag, 16. Januar 2014



Weihnachten 2000, Los Angeles. Nathaniel Fisher ist Bestattungsunternehmer. Gerade hat er ein neues Investment getätigt, er hat einen neuen Leichenwagen gekauft. In diesem fährt er nach Hause während er gerade mit seiner Frau Ruth telefoniert. Nathaniel nimmt einen Zug von seiner Zigarette, während seine Frau ihn ermahnt doch endlich mit dem Rauchen aufzuhören. Im Radio läuft 'I´ll be Home for Christmas'. Ein Bus fährt in den Wagen.






Nathaniel Samuel Fisher *1944 -  2000








Das ist die Grundlage auf dem die Serie Six Feet Under seine Geschichte aufbaut. Alles beginnt mit dem Tod. Nathaniel Fisher hinterlässt eine ganze Familie: Seine Frau Ruth, seine Tochter Claire und seine 2 Söhne Nathaniel Jr., kurz Nate genannt, und David. Nate wohnt in Seattle und ist eigentlich nur für die Feiertage nach L.A. geflogen, er arbeitet bei einer großen Lebensmittelfirma und fand den Beruf seines Vaters schon immer befremdlich. Kein Wunder, dass er so schnell wie möglich von zu Hause auszog. Bei David sieht das anders aus, nicht umsonst heißt das Bestattungsunternehmen 'Fisher & Söhne'. Er präparierte zusammen mit seinem Vater und Mitarbeiter Federico die ankommenden Leichen, verkaufte Särge und kümmerte sich um die Kunden. Jetzt seinen Vater für seine letzte Reise herzurichten ist aber auch für David nicht leicht. Besonders Nathaniels Testament birgt eine große Überraschung für David: Das Bestattungsunternehmen geht nicht vollständig in seinen Besitz über, sondern wird zu 50% mit seinem Bruder geteilt. Auch Nate scheint davon sichtlich überrascht und bleibt nur nach langem überlegen schließlich in L.A. .

Six Feet Under ist eine wirklich besondere und einzigartige Serie, obwohl sie einfach nur aus dem normalen Leben erzählt. Hier gibt es keine Väter die anfangen Meth zu kochen, Mafiabosse oder smarte Detektive. Naja, eigentlich stimmt das fast auch nicht, innerhalb der 5. Staffeln behandelt Six Feet Under nahezu jedes erdenkliche Thema, ohne dass das aufgesetzt wirkt und macht da auch nicht vor Tabu-Themen halt. Inzest? Kein Problem, könnt ihr haben. Da Six Feet Under eine HBO-Serie ist darf auch durchgängig geflucht werden und einer der Hauptdarsteller schwul sein, alles kein Problem. Nennt mir ein Thema, ich bin mir sicher das hat schon einmal seinen Platz in einer Episode Six Feet Under gefunden. Es ist eigentlich paradox, dass eine Serie die vom Sterben erzählt diejenige ist, die das Leben am universellsten zusammenfasst, aber so ist das anscheinend wohl.

Six Feet Under ist eine klassische Drama-Serie. Bis auf den ikonischen Beginn jeder Folge müssen keine aufgezwungenen Rituale durchgeführt werden, es gibt keinen Fall pro Folge der gelöst werden muss alles kann sich frei und ohne Regeln entfalten. Was es aber gibt, ist der Tote der Woche. Denn bevor wir am Anfang jeder Episode wieder in den Alltag der Fishers geworfen werden, sehen wir immer die letzten Augenblicke eines Menschen. In der ersten Folge ist es nunmal der Vater der Fishers, aber vom Autounfall bis zum Pumaangriff über Herzinfarkte hin zum Tod durch einen Blitzeinschlag ist wirklich alles dabei. Einer schafft es sogar sich aus Versehen von seinem Eigenen Auto überrollen zu lassen. Sachen gibt's. Bei diesen Toden wird immer wundervoll mit den Erwartungen der Zuschauer gespielt, nichts passiert wie erwartet und manchmal hingegen doch. Meisten gibt es statt 2 Böden gleich 3 und sieht man zu Beginn einer Folge dann ein bekanntes Gesicht, stiehlt das einem schon nach wenigen Sekunden den Atem - Warum sehe ich da gerade Claire? Die können sie jetzt doch nicht töten, das geht doch nicht! Zu Beginn jeder Folge muss Jemand sterben, das ist unausweichlich und es kann wirklich jeden treffen. Denn wenn eine Serie konsequent ist, dann Six Feet Under. Fühlt sich ein Familienmitglied gerade wohl in seinem Leben, kommt Fädenzieher und Mastermind Alan Ball um die Ecke und schlägt mit seinem Vorschlaghammer wieder alles in Stücke. Kein Charakter tritt lange auf der Stelle, kein Boden ist stabil und das ist wohl die größte Stärke von Six Feet Under. Während die meisten Serien spätestens nach der dritten Staffel zu langweilen beginnen, dreht Six Feet Under ab diesem Punkt erst richtig auf, da werden alle Konventionen über Bord geworfen und neue Dinge probiert. 



Zu Beginn fasziniert einen das ungewöhnliche Setting des Bestattungsunternehmens noch ungemein. Die kahle Leichenhalle und die toten Körper sind wirklich befremdlich und strahlen eine besondere Faszination aus, aber nach 1-2 Staffeln wird das auch für den Zuschauer zum Alltag. Ich Glaube ich könnte euch eine wirklich schöne Beerdigung organisieren. Den Titan-Sarg würde ich nicht nehmen, der ist wirklich zu teuer, er landet ja eh nur unter der Erde. Wünschen sie eine private Abschiedsnahme, darf es dann auch eine Einbalsamierung sein? Je länger man guckt, desto mehr verliebt man sich in die Fishers. Das Autorenteam rund um Alan Ball hat es geschafft echte Charaktere zu schaffen, die einfach aus deiner buckligen Verwandtschaft geklaut sein könnten. Nach und nach wird man ein Teil dieser kleinen Familie, die einem richtig ans Herz wächst. Man Möchte bei einem Bier mit Nate über das Leben und den Tod philosophieren, David sagen, dass er sich entspannen soll und nicht immer alles so wichtig nehmen muss, Claire helfen sich selbst zu finden und Ruth einfach in den Arm nehmen, weil sich nie etwas so ausspielt wie sie es verdient hätte. Man freut sich einfach jedes Mal wenn man den Fernseher einschaltet und ein Familienmitglied der Fischers sehen kann. 

Und auch der tote Vater Nathaniel ist ein Unikat, oder muss es jedenfalls gewesen sein. Denn hier gibt es eine weitere Besonderheit Six Feet Unders: Tote fangen gerne an wieder zu reden, rauchen und wollen einfach noch ein wenig weiter leben. Natürlich passiert das alles in den Köpfen unserer Protagonisten, ist daher aber nicht weniger amüsant wenn Nathaniel sich auf seiner eigenen Beerdigung in Shorts und Hawaihemd blicken lässt und erstmal anfängt genüsslich eine Kippe zu rauchen. So können spannende Situationen entstehen, die man so bestimmt noch nicht gesehen hat. Wenn Tote anfangen ihren Selbstmord zu rechtfertigen ist das einfach narratorisch außergewöhnlich und genial. Auch sonst wirkt Six Feet Under wie eine ernste und schwarzhumorige Version von Scrubs, denn Tagträume gibt es immer wieder und wenn eine Szene plötzlich zu einem kleinen Musical ausartet kann man sich einfach nicht beschweren. 




Ich glaube Six Feet Under ist auch DIE Serie für Drehbuchnerds. Interessiert man sich dafür wie gute Geschichten geschrieben werden, die immer etwas neues bieten und aus denen man selbst auch Lehren ziehen kann, sollte man Six Feet Under studieren. Kleine Kniffe werden beispielsweise gerne mal Staffeln später wieder aufgegriffen. Nichts wird vergessen und alles bleibt logisch und in Bewegung. Was Six Feet Under außerdem perfektioniert hat ist die Weißblende. Schwarzes Überblenden gibt es nicht, stattdessen wirkt jeder Schnitt als würde man ins Licht treten, bis zum Ende dieses langen hellen Tunnels und das ist schlichtweg das Passendste was man sich für diese Serie ausdenken hätte können.

Denn die große Botschaft hinter Six Feet Under ist wenig überraschend: Lebe dein Leben, du bist nur einmal hier. Oder doch nicht? Ist das was du machst wirklich sinnvoll, kann überhaupt etwas sinnvoll sein wenn wir sterben? Verbringe Zeit mit dem was dich glücklich macht. Six Feet Under ist auf keine Weise esoterisch und wenn doch, dann aus einem guten Grund. Ich weiß, dass es sich bei Six Feet Under 'nur' um eine Serie handelt und diese produziert wurde um Geld zu verdienen und leichte Unterhaltung für den Abend zu bieten. Ich glaube aber nicht, dass Alan Ball wirklich Profit im Sinn hatte, dafür ist viel zu viel Herzblut in diese Serie geflossen und ist die Wunde wieder verschlossen gewesen hat Herr Ball ein Messer gezückt um das Blut wieder fließen zu lassen. Für mich ist Six Feet Under zu mehr als nur eine Serie geworden. Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder der es bis zur letzten Episode geschafft hat und bei dieser insgeheim ein paar Tränen verdrückt hat, wenigstens stückweit ein besserer Mensch geworden ist. Vielleicht hilft er auch jetzt nicht der armen Großmutter über die Straße oder versucht den Hunger in Afrika zu stoppen, vielleicht bleibt er dennoch das Arschloch, das er sein ganzes Leben lang gewesen ist, aber irgendwas wird in ihm *klick* gemacht haben. Eine kleine Epiphanie nur für ihn, die ihn die Welt ganz kurz aus einem anderen Blickwinkel sehen lassen hat.

Wenn ich eines niemals an Six Feet Under vergessen werde, dann ist es eine Szene gegen Ende der Serie zu der Nirvanas 'All Apologies' gespielt wird. All in all is all we are. Besser kann man Six Feet Under nicht beschreiben.


Alle warten.

Samstag, 4. Januar 2014

Ladys and Gentleman,
Alex' Spionage-Dezember ist zu Ende und hier ist er endlich, mein kleiner Rückblick auf das Jahr 2013. Es hat lange gedauert, aber besser spät als noch später präsentiere ich euch meine Filme des Jahres, wenn das Mal nichts ist, junge junge.


Die Regeln sind sowohl einfach, als auch dumm: Es gelten nur die Filme, die ich auch wirklich dieses Jahr im Lichtspielhaus gesehen habe, demzufolge stehen 31 verschiedene Titel zur Auswahl. Diese reichen von Hirnzellen verbrennenden Meisterwerken ala 'Elysium' oder 'Iron Man 3' bis zur absoluten Nische wie etwa Polanskis verzwicktes Kammerspiel 'Venus im Pelz'. Dieses System hat den klaren Vorteil, dass man sich Kommentaren wie: "'Faaast and 2 Furiooous' ist aber fiel geiler, wegen den geilen Autos und den geilen WeibOOrn und den geilen Explosionen!!!1", gar nicht erst zu stellen braucht, denn die Wahrscheinlichkeit, dass ich diesen Film im Kino gesehen habe ist doch recht marginal. Aber genug der Schwafelei, hier ist meine persönliche Top 5 der Filme 2013: 


(*Trommelwirbel*)

Platz 5 - Only God Forgives (Nicholas Winding Refn)


Auf das Holztreppchen schafft es Nicholas Winding Refns schweigsames Neon-Drama 'Only God Forgives'. Das ganze wurde hier im Blog zwar schon behandelt, aber ich verliere gerne nochmals ein paar Worte zum wohl sperrigsten Film des Jahres. Was macht Only God Forgives so besonders, warum Platz 5? Naja, ganz einfach, der Film reißt gleich zu Beginn seinen Mittelfinger empor und reibt diesen dem Zuschauer genüsslich 90 Minuten lang in sein Gesicht. Von Links nach Rechts, von Rechts nach Links. Gerade Filmexperten, die sich Filmexperten nennen, weil sie Refns Vorgängerfilm 'Drive' gesehen haben, müssen regelrecht schockiert über den Neontrip durch Bangkok gewesen sein. Ein verstörender Gossling, eine verwirrende Geschichte und bedeutungsschwangere Bilder. So extrem perfekt fand ich Only God Forgives ehrlicherweise übrigens gar nicht, der Film beschäftigt dich aber noch Wochen nachdem du völlig verdutzt das Kino verlassen hast und das macht große Filme aus. Kunst soll ja keine Antworten geben, sondern Fragen stellen. Außerdem muss die Anarchie, die Refns Werk versprüht gehuldigt werden, deswegen Platz 5. Anderenfalls würde hier Tarantinos 'Django Unchained' stehen. Streng genommen wäre letzterer in meinen Augen wohl der bessere Film, aber Tarantinos neuestes Werk ist irgendwie, naja, wie soll ich sagen, zu vorhersehbar geworden. Versteht mich nicht falsch "Django" ist ein fantastischer Film, aber eben nur ein guter Tarantino, daher nur den imaginären Platz 6 für 'Django Unchained'.

Platz 4 - 00 Schneider - Im Wendekreis der Eidechse (Helge Schneider)


Auf dem anderen Holztreppchen (diesmal aus feinstem Mahagoni) findet sich Helge Schneiders Kriminalfilm '00 Schneider - Im Wendekreis der Eidechse' wieder. "Ich wurde nicht als Kommissar geboren, ich musste diesen Beruf erst erlernen." Es ist einfach herrlich Helge wieder auf der großen Leinwand zu sehen, wer bereits einen anderen Schneider-Film gesehen hat, weiß was ihn erwartet. 90 Minuten höchst professionell unprofessionell produzierter Stuss in Reinform. "Alle 400 Jahre wird ein Eidechsenmensch geboren, die Frage ist nur, ob er in dieser Gesellschaft überleben kann" merkt der Kommissar folgerichtig an und eben dieser  Eidechsenmensch hat beim Kiosk um die Ecke Mettbrötchen und Kippen geklaut, ein klarer Fall für den Kommissar. So entwickelt sich langsam ein epischer Handlungsstrang um gestohlene Hühner, Mandarinen, Tanten aus Amerika und natürlich Fluppen. Denn was wäre schon ein 00 Schneider- Film ohne übermäßigen Zigarettenkonsum? Vermutlich kein 00 Schneider Film. Entweder man findet Helge nicht lustig oder man vergöttert ihn. Eigentlich hatte ich gehofft, dass Edgar Wrights "The Worlds End" an dieser Stelle steht, aber Helge ist einfach zu fantastisch. Bestes Zitat des Films: "Kannst du mir diesen Fußabdruck analysieren? - Ja, starker Raucher, ungefähr 80 Kilo schwer, schwarze Haare." Oder nein: "Das ist Roy Ernest Faustcamper, Erfinder der Polizei." oder nein, warte: "Das ist aber ein schönes Gelände hier, ein wirklich schönes Gelände, ja das ist aber ein wirklich schönes Gelände hier". Selten so gelacht.


Platz 3 - Gravity (Alfonso Cuarón)


Der Kinofilm des Jahres ist Gravity, keine Widerworte. Alfonso Cuaróns 'Open Water' in Space ist technisch einfach zu beeindruckend, um ihn nicht im Kino zu sehen, da ist es auch egal wenn der Hobbit in 48 Frames läuft und Sherlock Holmes zum Drachen macht, was in Gravity gezeigt wird ist einfach einmalig. Zwar schwächelt Sandra Bullocks und George Clooneys Weltraumtripp gegen Ende ein wenig, was bis dahin aber alles passiert ist macht das locker wett. Ich meine, wann habt ihr schon einmal eine 15 minütige Plansequenz mit frei schwebender Kamera gesehen? Natürlich hat da Freund und Helfer CGI nachgeholfen, aber hey, vergleichbares habe ich trotzdem noch nie gesehen, ich musste meine Kinnlade wirklich festhalten. Mehr davon bitte Herr Cuarón!




Platz 2 - The Place beyond the Pines (Derek Cianfrance)


Meine Überraschung des Jahres und schon wieder Ryan Gossling. Silber geht an 'The Place beyond the Pines', der einfach nur in jeder Hinsicht wunderbar gelungen ist. Besonders anzumerken ist hierbei die perfekte Werbekampange, die im Grunde nur mit den Zuschauern gespielt hat und sie in eine völlig falsche Richtung führte. Anstatt Ryan Gosslings Action-Drama 'The Place beyond the Pines' zu sehen, durfte ich in den Mafiafilm-esquen 'The Place beyond the Pines" gehen, in dem sogar Ryan Gossling mitspielte. Juhu. Ich will den großen Kniff von TPbtP (wie wir cool People sagen) an dieser Stelle nicht vorwegnehmen, aber die simple Geschichte vom White-Trash Vater, der Banken ausraubt, um für sein Kind auszusorgen entwickelt sich zu etwas Größerem und auch Erwachsenerem als man dass zunächst glauben mag. Die Szene von der wohl jeder nach dem Film gesprochen hat kam so überraschend, traf so gut und setzte Meiner Meinung nach den Grundstein für einen modernen Klassiker. Auch technisch gibt es rein gar nichts zu meckern, die Optik des Films stimmt einfach. Gerade die Anfangsszene dürfte bereits in den nächsten Simpsons-Staffeln als Couchgag verwurstet werden. Selten wurde das Thema Schuld so gut behandelt, ich würde gerne mehr sagen, aber das würde zu viel vorwegnehmen. Solltet ihr den Film noch nicht gesehen haben, guckt ihn euch bitte an, aber informiert euch nicht weiter über den Film.

Platz 1 - Inside Llewyn Davis (Ethan und Joel Coen)  



Ironischerweise ist gerade mein Lieblingsfilm des Jahres der Einzige, von dem ich kein Kinoticket habe. Glücklicherweise konnte ich den Film im Zuge einer Moviepilot-Preview bereits vor Kinostart und im O-Ton schauen, was sich wirklich gelohnt hat. Für Leute die mich kennen dürfte es wohl kein Geheimnis sein, dass ich affin für Folk-Musik und Coen-Filme bin. Kein Wunder dass ich von Inside Llewyn Davis so begeistert bin. Warum ist eigentlich noch niemand auf die geniale Idee gekommen einen Weichzeichner auf das Bild zu legen anstatt den Film in Schwarz/Weiß zu drehen? Ich fordere mehr Filme mit Katzen, John Goodman, Folk und Justin Timberlake der sich selbst spielt. Prost Mahlzeit, wer mehr wissen will, der guckt mal HIER, da hab ich ein paar Seitchen zu Inside Llewyn Davis geschrieben.





Puhh hätten wir das hinter uns


Achja, Musik gabs ja dieses Jahr auch noch, hier einfach meine Top 8, weil eine Top 10 zu langweilig ist und eine Top 5 zu wenig ist. Kommentare sind wärmstens erwünscht, ihr habt Geheimtipps, Lieblingsfilme, oder gar den neuen Sound im letzten Jahr entdeckt? Bitte kommentieren, auch wenn es Elektrolore sein sollte:


Platz 8.
Rob Lynch - All These Nights In Bars Will Somehow Save My Soul





Platz 7.
Queens of the Stone Age - ... Like clockwork



Platz 6.
Turbostaat - Stadt der Angst



Platz 5.
Love A - Irgendwie





Platz 4.
Tim Vantol - If We Go Down, We Will Go Together




 Platz 3.
Thees Uhlmann - #2




 Platz 2.
Frank Turner - Tape Deck Heart




Platz 1. 
Tocotronic - Wie wir leben wollen







 
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